Tag 1: Anreise nach Storlien

Nach langer Planungs- und Vorbereitungsphase sollte es heute endlich losgehen. Es stand die Anreise von Berlin zum Startpunkt des südlichen Kungsleden auf dem Plan. Der Zielort lautete Storlien.

Auf nach Stockholm

Meine Nacht sollte wieder sehr kurz werden, da ich bereits 3:30 Uhr aufstehen musste. Schließlich sollte mein Flug bereits 7:15 Uhr starten. In Berlin war noch die totale Sommerhitze angesagt und ich machte mich mit meinem großen schweren Rucksack auf zum Flughafen. Über meinem Arm hingen 3 Jacken – eine Fleecejacke, eine Softshelljacke und eine Winterjacke. Die Leute müssen sich auch gedacht haben ich möchte in den Winterurlaub fliegen. Entgegen meiner Befürchtungen erwartete mich am Flughafen trotz der Ferienzeit kein Chaos. Die Gepäckaufgabe und der Sicherheitscheck verliefen somit reibungslos und ich hatte noch ausreichend Zeit am Gate. Auch der Flug verlief sehr entspannt und ich nutzte die 1,5 Stunden, um noch ein wenig Schlaf nachzuholen.

Flughafen Arlanda

8:45 Uhr landete ich dann auf dem Flughafen Arlanda. Dieser liegt ungefähr 40 km von Stockholm entfernt, so dass noch eine gewisse Strecke bis nach Stockholm zurückgelegt werden muss. Bevor ich mir darum Gedanken machen konnte, holte ich erst einmal mein Gepäck beim Gepäckband ab und versorgte mich am Geldautomaten mit 2000 SEK (schwedische Kronen). Der Umrechnungskurs lag bei ca. 1,00 EUR = 10,55 SEK.

Meine erste Idee mit dem Express-Zug nach Stockholm zu fahren verwarf ich dann ganz schnell, da die ca. 20 Minuten lange Fahrt ca. 28,00 € kosten sollte. Somit entschied ich mich dazu den Flixbus zu nehmen. Ich lud mir also die Flixbus-App runter suchte die Verbindung heraus und kaufte mir für 3,90 € eine Fahrkarte. Per GPS navigierte mich die App dann zur Bushaltestelle, was an einem für mich fremden und zudem riesigen Flughafen äußerst hilfreich war. Da der Bus erst 10:00 abfahren sollte, wartete ich noch gute 40 Minuten an der Bushaltestelle und genoss trotz des starken Windes noch ein paar Sonnenstrahlen. Der Bus sammelte mich dann pünktlich auf und lieferte mich nach 40 Minuten Fahrt in Stockholm am Busterminal Cityterminalen in der Nähe vom Hauptbahnhof ab.

Und schon kam alles anders als geplant…

Da mein Zug von Stockholm nach Storlien erst 21:12 Uhr starten sollte, hatte ich noch ausreichend Zeit, um Essen zu gehen und meine Gaskartusche sowie ein Anti-Mücken-Mittel zu kaufen. Als Erstes steuerte ich einen Mc Donalds an und bewunderte währenddessen die Schönheit und Sauberkeit der Stadt Stockholm. Im Mc Donalds wurde ich dann mit meiner ersten richtigen Mahlzeit versorgt und konnte dort auch das WLAN und die Toilette benutzen.

Stockholm
Stockholm

Im Anschluss machte ich mich auf den Weg zu einem Naturkompaniet. Hierbei handelt es sich um eine Outdoorhändlerkette die unter anderem Gaskartuschen und insbesondere die von mir benötigten Schraubkartuschen anbietet. Als ich den Laden erreichte war ich etwas verwundert warum sich im Geschäft keine Menschen befinden und alles so dunkel ist. Letztendlich war es kein Wunder denn der Naturkompaniet Shop hatte geschlossen. Etwas verwundert betrachtete ich die Öffnungszeiten. Da Schwedisch bei vielen Worten dem Deutschen recht ähnlich ist, war ich allerdings der Meinung, dass das Geschäft geöffnet haben müsste. Ich zweifelte etwas an mir und fragte dann eine Frau, die in diesem Moment auf dem Fußweg an mir vorbeilief. Sie erklärte mir dann, dass ich das Schild schon richtig interpretiert habe aber dass heute und morgen Midsommar in Schweden gefeiert wird und daher an beiden Tagen alle Geschäfte geschlossen haben. Die Frau zog dann weiter und ließ mich ratlos zurück. Nun hatte ich im Vorfeld so viel geplant und diverse Punkte berücksichtigt aber dass heute und morgen Feiertage sein könnten, darauf bin ich bei meiner Planung nicht gekommen. Da die komplette Trekking-Tour mit den Gaskartuschen steht oder fällt war es natürlich echt Mist, dass genau an diesem Punkt meine ersten Probleme auftraten und nun meine Trekking-Tour nun auf der Kippe stand.

Gaskartuschen – Plan B und Plan C

Um ein kleines Brainstorming durchzuführen steuerte ich wieder den Mc Donalds an. Schließlich hatte ich dort WLAN für weitere Recherchen zur Verfügung und konnte dort meine schwere Ausrüstung abstellen. Meine erste Idee, auf den morgigen Tag zu warten, wurde durch die von mir befragte Passantin ja bereits im Keim erstickt. Noch einen 2. Tag zu warten wäre theoretisch eine Option gewesen aber da ich praktisch nur einen Puffertag zur Verfügung hatte, wäre meine Trekking-Tour von der Anzahl der notwendigen Reisetage nicht mehr aufgegangen und ich hätte meinen Rückflug verpasst. Somit verwarf ich auch diese Idee. Somit verblieb nur noch die riskante Variante. Ich stellte mich also darauf ein einfach mal nach Storlien zu fahren, in der Hoffnung das ich dort im Örtchen im Supermarkt oder an der Tankstelle die von mir benötigten Schraubkartuschen kaufen kann. Sofern dies nicht möglich sein sollte, müssten die Berghütten laut Angebotsliste auch Gaskartuschen im Angebot haben. Welche Art von Gaskartuschen wurde in den Angebotslisten jedoch nicht angegeben. Allerdings konnte ich während meiner Internetrecherche auf einem Foto einer Berghütte 2 Primus Gaskartuschen sehen. Also genau die Sorte die ich benötige. Mein Plan war also gespickt von diversen Unsicherheiten aber es gar nicht erst zu versuchen kam für mich nicht infrage. Sollte mein Plan nicht aufgehen, so müsste ich nach ca. 2 Tagen die Trekking-Tour abbrechen, da ich dann keine Vorräte mehr zur Verfügung haben würde.

Warten auf den Zug

Outdoor Gym in Stockholm
Outdoor Gym in Stockholm

Nachdem ich meine Gedanken hinsichtlich der Gaskartuschen sortiert hatte musste ich noch gut 7,5 Stunden warten. Ich nutzte also die Zeit, um noch ein wenig durch Stockholm zu ziehen. Ich machte es mir an einem Fluss gemütlich und tankte noch etwas Sonne. Etwas später entdeckte ich dann ein Outdoor Gym in dem ich dann gut 3 Stunden verbrachte. Dass es nicht wirklich sinnvoll ist vor einer Trekking-Tour unzählige Dips und Klimmzüge zu machen war mir klar, aber mir war einfach so langweilig, dass es sich zumindest um eine sinnvolle Beschäftigung handelte. Nachdem ich genug trainiert und noch eine Weile an einem Teich gechillt hatte, machte ich mich auf den Weg zum Hauptbahnhof.

Essen, Einkaufen und Alzheimer am Stockholmer Bahnhof

Die letzten 3 Stunden wollte ich dann am Bahnhof warten. Wieder einmal versorgte ich mich bei Mc Donalds mit Narhung. Eigentlich wollte ich dort mit einem Schein bezahlen aber da die Frau an der Kasse kein Wechselgeld mehr hatte musste ich mit Münzen bezahlen. Allerdings war ich schwer beladen und hatte nur eine Hand frei zum Geld raussuchen. Dass funktionierte natürlich nicht, so dass ich ihr einfach mein Portemonnaie reichte und sie sich die Münzen selbst raussuchen sollte. Der Umstand, dass ich EUR- und SEK-Münzen zusammengewürfelt hatte machte dieses Unterfangen allerdings etwas schwieriger. Ich fühlte mich wie ein alter Mensch, der dem Kassierer sein Portemonnaie in die Hand drückt, da er die passenden Münzen nicht mehr findet.

In weiser Voraussicht deckte ich mich dann in einem Supermarkt noch mit 3 Bananen ein. Denn eigentlich wollte ich morgen in Storlien im Supermarkt Frühstück einkaufen. Aber was, wenn dieser morgen aufgrund von Midsommar ebenfalls geschlossen hat?!

Die restliche Zeit saß ich dann in einem Wartebereich. Dort gesellte sich eine etwa 80-jährige (oder noch ältere?) Oma zu mir. Sie begann dann auf schwedisch mit mir zu quatschen. Da ich allerdings kein einziges Wort verstand wies ich sie darauf hin, dass ich lediglich Englisch verstehe. Zu meiner Überraschung redete die Oma dann auf Englisch weiter. Sie erzählte mir, dass sie keine Verwandten mehr hätte und ganz allein ist und daher jeden Tag zum Bahnhof kommt um noch etwas unter Leute zu kommen. Eigentlich eine ziemlich traurige Sache. Sie fragte mich dann wo ich herkomme und zeigte sich positiv überrascht als ich meinte Deutschland. Zudem wollte sie wissen welcher Tag heute eigentlich ist. Nachdem wird uns noch ein paar weitere Minuten ausgetauscht hatten fragte sie mich wo ich denn herkomme. Etwas verwundert antwortete ich Deutschland worauf sie wieder positiv überrascht reagierte. Nachdem dann noch die Frage kam welcher Tag heute eigentlich ist war mir klar, dass die Oma wohl Alzheimer hat. Im ersten Moment fand ich es noch ganz amüsant. Aber nur kurze Zeit später erkannte ich dann die eigentliche Tragik dahinter. Als sie dann zum 3. Mal fragte wo ich denn herkomme und welcher Tag eigentlich ist merkte ich bereits, dass es wirklich schwierig ist weiterhin redselig zu bleiben und aktiv ein Gespräch zu führen. Auch der Umstand, dass sie immer wieder vergaß, dass ich kein Schwedisch spreche war etwas schwierig. Ich drehte dann nochmal eine kurze Runde durch den Bahnhof, um mich nach einer Stunde aus dieser Situation zu befreien.

Auf geht’s nach Storlien

Zug nach Storlien
Zug nach Storlien

21:00 Uhr stand der Nachtzug nach Storlien dann bereits im Bahnhof, so dass ich mir schon mal meinen Wagen suchte und einstieg. Jeder Wagen bestand ausschließlich aus kleinen Abteilen, in denen je nach Buchungsoption 3 bis 6 Betten untergebracht waren. Nun wurde mir auch klar warum wirklich nur eine feste Anzahl an Personen mit dem Zug fahren konnten und einige Züge somit wirklich ausgebucht waren. Für weitere Personen war schlichtweg kein Platz.

Ich suchte mir mein Abteil und stand dann vor einer geschlossenen Tür, die von außen nicht geöffnet werden konnte. Etwas verwundert fragte ich eine Person in dem offenstehenden Nebenabteil wie ich denn die Tür öffnen kann. Seine Aussage, dass da bestimmt schon Leute in dem Abteil sind und ich einfach mal klopfen soll war goldrichtig. Warum bin ich nicht selbst direkt auf diese Idee gekommen?! Nach meinem Klopfen öffnete sich die Tür und 2 männliche Personen im Alter von Anfang 20 und Anfang 30 guckten mich fragend an. Mir schlug direkt ein starker Imbissbudengeruch entgegen. Sofort schoss mir durch den Kopf: Bei dem Gestank soll ich hier heute schlafen?! Ich begrüßte die beiden Schweden und sorgte erstmal dafür, dass ordentlich durchgelüftet wird. Es stellte sich heraus, dass es sich bei den beiden Personen um Brüder handelt, die gerade von diversen Metal-Konzerten aus den Niederlangen kamen. Ich unterhielt mich dann noch 2 Stunden mit dem Älteren und konnte direkt ein paar Fragen zu Midsommar, dem Leben in der schwedischen Wildnis, wilden und gefährlichen Tieren, Insiderinformationen zum Thema Mücken und der Arbeitssituation auf dem schwedischen Land loswerden.

Zwischenzeitlich wurden die Fahrkarten kontrolliert. Bzw. könnte man das so bezeichnen, denn meine Fahrkarte und meinen Lichtbildausweis wollte niemand sehen. Es reichte der Kontrolleurin, dass ich anwesend war und ich ihr mein Abteil und meinen Sitzplatz bzw. meine Bettnummer nennen konnte. Vielleicht ist man auch davon ausgegangen, dass es schon auffallen wird, wenn in einem komplett ausgebuchten Zug eine Person zu viel mit an Bord ist. Auf die Frage welcher Ort denn mein Ziel wäre antwortete ich mit Storlien. Die Kontrolleurin schaute mich fragend an und ich wiederholte nochmal den Ortsnamen Storlien. Wieder schaute sie mich fragend an und ich wiederholte es noch einmal in einer anderen Betonung und schob direkt noch die Aussage hinterher, dass meine Aussprache wahrscheinlich nicht korrekt ist. Nach einigen Sekunden Grübelei machte es dann Klick bei ihr und sie wiederholte das Wort Storlien in der korrekten schwedischen Variante. Somit wusste ich nun auch wie man den Ortsnamen korrekt ausspricht. In weiser Voraussicht fragte ich dann meine schwedischen Mitfahrer direkt nach der korrekten Aussprache des Örtchens Åre, da ich dort am nächsten Morgen umsteigen musste. Natürlich war meine erste Vermutung der Aussprache gänzlich falsch. Na ein Glück, dass ich gefragt habe.

Abteil mit 3 Betten
Abteil mit 3 Betten

23:00 Uhr entschieden wir uns dann schlafen zu gehen. Blöderweise hatte ich genau das Bett ganz oben, so dass mir irgendwie nicht ganz wohl war dort oben zu schlafen. Auch der Weg zum Bett über eine klapprige Anstellleiter war mir nicht ganz geheuer. Gemeinsam hievten wir dann meinen schweren Rucksack auf die Ablagefläche ganz oben und ich krabbelte dann in mein Bettchen. Das Bett war zwar mit einem Auffangnetz gesichert, so dass ein Runterrollen theoretisch nicht möglich gewesen wäre aber so wirklich sicher fühlte ich mich da oben nicht. Daher rollte ich auch so dicht wie möglich an die Wand heran, so dass ich diese permanent im Rücken spürte. Somit wusste ich zumindest, dass ich nicht gleich Gefahr laufe aus dem Bett zu fallen. Die Vorhänge wurden dann zugezogen und jeder lag in seinem Bett. Der Zug und somit auch mein Bett schaukelten hin und her und irgendwie war es ein total merkwürdiges Gefühl. Vermutlich fühlt sich so ein Baby, wenn man es in den Schlaf wiegt. Während ich versuchte mich an dieses Geschaukel zu gewöhnen gab es auf einmal einen lauten Knall. Ich schreckte auf und prüfte sofort was passiert ist. Durch das starke Geschaukel verabschiedete sich mein Trekking-Rucksack und knallte aus gut 2 Meter Höhe auf den Boden. Ich hoffte einfach, dass der Rucksack den Sturz überlebt hat und war froh, dass unten niemand erschlagen wurde. Der Rucksack blieb dann einfach auf dem Boden liegen. Nur wenige Minuten später bin ich dann sofort eingeschlafen.

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