Tag 10: Besteigung des Bergs Bandai-San

Für heute stand die Besteigung des Bergs Bandai-San auf dem Plan. Nachdem die Besteigung des Bergs Natai-San genau meinen Vorstellungen entsprach, war ich gespannt was mich diesmal erwarten würde.

Nutzung der Suica Welcome Card auf dem Land

Damit die Besteigung des Bergs nicht zu spät starten würde, zogen wir unser Frühstück heute auf 7:30 Uhr vor. Danach ging es nach einer kurzen Vorbereitungsphase direkt zum Bahnhof in Kōriyama. Routiniert zogen wir unsere Suica Welcome Card über das Ticket Gate, stiegen alle 4 in den passenden Zug ein und fuhren dann 8:29 Uhr los.

André und Phil hatten heute den Plan an einem anderen Bahnhof auszusteigen, da sie nicht an der Bergbesteigung teilnehmen wollten. Hintergrund hierfür war, dass sie von der letzten Bergbesteigung körperlich immer noch etwas angeschlagen waren und eine weitere Bergbesteigung alles andere als sinnvoll gewesen wäre.

Patrick und ich stiegen dann 9:14 Uhr am Bahnhof Okinajima aus. Es stellte sich heraus, dass es sich um einen winzigen Bahnhof handelte, der zu einem ebenso winzigen Ort gehörte. Der Bahnhof war dermaßen klein, dass er nicht einmal mit einer Asphaltstraße an das Straßennetz angebunden war, sondern lediglich mit einem Schotterweg.

Bahnhof Okinajima
Bahnhof Okinajima

Als wir am Bahnsteig standen, mussten wir feststellen, dass es weder ein Ticket Gate geschweige denn die Möglichkeit zur Verwendung einer Suica Card gab. Somit hatten wir nun keine Möglichkeit unsere Fahrt zu beenden. Am Bahnhof wartete lediglich eine einzige Person darauf abgeholt zu werden. Ich fragte ihn dann, ob er mir sagen kann wie ich die Fahrt mit meiner Suica Welcome Card beenden kann, damit die Zugfahrt auch ordentlich abgerechnet wird. Er meinte dann aber, dass er auch zum ersten Mal an diesem Bahnhof sei und er ebenfalls verwundert sei, dass es kein Ticket Gate an diesem Bahnhof gibt. Er fügte dann noch hinzu, dass es sich bei dem Bahnhof wohl um einen sehr alten Bahnhof handeln würde. Somit mussten wir den Umstand, dass unsere Suica Welcome Card eine offene Fahrt enthält erst einmal so hinnehmen.

Auf zum Startpunkt

Nachdem wir uns am Bahnhof Okinajima umgezogen und ordentlich mit Sonnencreme eingecremt hatten, machten wir uns auf den Weg. Erst einmal mussten wir den von uns ausgewählten Startpunkt zur Besteigung des Bandai-San erreichen. Der Bandai-San kann nämlich von 6 verschiedenen Seiten erklommen werden, so dass letztendlich auch 6 total unterschiedliche Routen mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad zur Auswahl stehen.

Bandai-San
Bandai-San

Wir haben unseren Einstiegspunkt letztendlich nach der Erreichbarkeit mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gewählt. Das hieß aber auch, dass wir erst einmal 5,4 km zu Fuß und 300 Höhenmeter zurücklegen mussten, um überhaupt den Startpunkt zu erreichen. Da das Thermometer 10:00 Uhr bereits 33 °C zeigte, lief der Schweiß nur so in Strömen. Daher hatten wir in weiser Voraussicht auch jeder 4,5 Liter Wasser dabei.

Formular für den Katastrophenfall

Ausfüllen des Formulars
Ausfüllen des Formulars

Nach 1,5 Stunden erreichten wir dann den Startpunkt. An diesem stand eine Art Briefkasten, der viele ausgefüllte Formulare enthielt sowie eine Mappe mit noch nicht ausgefüllten Formularen. Nach kurzer Zeit war uns klar, dass diese Formulare zur Handhabung von Naturkatastrophen verwendet werden. Das Formular wird mit den persönlichen Daten und den zeitlichen Eckdaten (Tag, Start und geplantes Ende der Besteigung) ausgefüllt und dann in den Briefkasten eingeworfen. Ein perforierter Teil wird vorher abgetrennt und enthält ebenfalls die Informationen des eigentlichen Formulars. Der 2. Zettel wird dann beim Verlassen des Bandai-San ebenfalls in einen Briefkasten eingeworfen. Somit kann im Idealfall im Katastrophenfall über die Formulare ermittelt werden, wie viele Personen noch vermisst und gesucht werden müssen. Da sich das alles sinnvoll anhört, füllten wir das Formular freiwillig aus und starteten dann 11:00 Uhr mit der eigentlichen Besteigung des Bandai-San.

Besteigung des Bandai-San

Der Einstieg in den Weg gestaltete sich relativ angenehm. Rechts und links gab es viele Pflanzen zu sehen und aufgrund des vielen Regens war die Natur mehr als üppig und leuchtete in allen erdenklichen Grüntönen. Die Hitze und Luftfeuchtigkeit drückten aber enorm, so dass ich so stark wie noch nie geschwitzt habe. Vor uns lagen 900 Höhenmeter verteilt auf einer Strecke von 2,5 km. Daher war der Anstieg wieder einmal sehr steil. Teilweise bewegten wir uns nur durch Tunnel im grünen Dickicht und überwunden viele große Felsbrocken, die nahezu ununterbrochen im Weg eingebettet waren.

Weg durch das Dickicht
Weg durch das Dickicht

Desto weiter wir uns der Bergspitze des Bandai-San näherten, desto kühler wurde es und desto mehr liefen wir in die Wolkendecke hinein. Denn die Wolken hingen wirklich tief. Die Aussicht auf die umliegende Region war somit nicht mehr möglich aber es war trotzdem ein tolles Erlebnis wieder einmal in den Wolken spazieren zu gehen.

Weg durch die Wolken
Weg durch die Wolken

Nach 4 Stunden und insgesamt 1.200 zurückgelegten Höhenmetern erreichten wir dann gegen 15:00 Uhr die Bergspitze des Bandai-San. Wir freuten uns den ziemlich anspruchsvollen Aufstieg gemeistert zu haben und pausierten erst einmal eine halbe Stunde. Zu lange wollten wir dort aber nicht verharren, da die Wolken, der Wind und die niedrige Temperatur schnell zu einer Unterkühlung hätten führen können.

Wolkiger Abstieg
Wolkiger Abstieg

Nach der Pause machten wir uns auf den Rückweg. Diesmal wählten wir aber die Route über Inawashiro für den Abstieg, um für etwas mehr Abwechslung zu sorgen. Somit lagen noch einmal um die 11 km und 1.300 Höhenmeter Abstieg vor uns. Der vor uns liegende Weg war somit etwas länger als der Aufstieg zur Bergspitze, dafür aber deutlich einfacher zu laufen, da die Wegbeschaffenheit vom Schwierigkeitsgrad deutlich niedriger angesiedelt war.

Nichtsdestotrotz kamen wir erst in der Dämmerung am Fuße des Bergs an, so dass wir in der Dunkelheit den Weg zum Bahnhof zurücklegen mussten. In Japan setzt die Dämmerung nämlich schon gegen 18:00 Uhr ein und 19:00 Uhr ist es bereits komplett dunkel. Der Weg durch die Reisfelder ohne Straßenbeleuchtung war dann schon etwas abenteuerlich.

Und da war wieder das Problem mit der Suica Welcome Card

Nachdem wir den Bahnhof Inawashiro erreicht hatten versuchte ich als erstes meine Suica Welcome Card an dem dort vorhandenen Lesegerät auszuchecken. Das Gerät quittierte diesen Vorgang allerdings mit einer Fehlermeldung. Auch das erneute Einchecken war nicht mehr möglich. Anscheinend gab es wohl eine Plausibilitätsprüfung, die dafür sorgte, dass die Suica Card nicht mehr verwendet werden kann wenn zwischend Check-in und Check-out einer Fahrt zu viel Zeit vergangen ist. An der Stelle war mir bereits klar, dass wir wohl Kontakt mit dem Personal am Kundenschalter in Kōriyama aufnehmen müssen, um das Problem irgendwie gelöst zu bekommen.

Bahnhof Inawashiro
Bahnhof Inawashiro

Nun musste ich aber erstmal von Inawashiro nach Kōriyama kommen. Dafür kaufte ich mir auf altmodische Weise eine Fahrkarte für den geforderten Yen-Preis. Vorher musste ich aber noch in Erfahrung bringen mit welchen Kanji Kōriyama geschrieben wird. Die Ortsnamen auf dem Linienplan, der auch die zu zahlenden Preise enthält, war nämlich wie üblich komplett in Japanisch gehalten. Nachdem ich dieses Problem gelöst und meine Fahrkarte in den Händen hielt, stellte sich direkt das nächste Problem. Ich hatte jetzt zwar eine Fahrkarte aber es gab kein Ticket Gate um dieses für den Fahrtantritt markieren zu lassen. Da der Bahnhof groß genug war und somit mit Personal besetzt war, fragte ich dort wie ich denn meine Fahrkarte an diesem Bahnhof zu nutzen hätte. Mit einer Art Schaffnerzange markierte er dann meine Fahrkarte manuell und erklärte noch kurz auf welchen Bahnsteig wir müssen. Somit war dieses Problem auch gelöst und ich hatte wieder viel über das Bahnfahren auf dem Land gelernt.

45 Minuten später erreichten wir gegen 20:40 Uhr wieder Kōriyama. Meine Fahrkarte wurde anstandslos vom Ticket Gate akzeptiert, so dass wir im Anschluss im Bahnhof von Kōriyama das Midori no Madoguchi gesucht haben. Quasi das Service Center der Bahnbetreibergesellschaft JR und gleichzeitig dem Betreiber der Suica Welcome Card. Den Servicemitarbeiter am Schalter fragte ich erst einmal ob er Englisch spricht. Ein ちょっと (deutsch: ein bisschen) begleitet von einem Lachen verriet mir sofort, dass der Versuch das Problem auf Englisch zu klären sehr schwierig werden dürfte. Daher versuchte ich mein Glück auf Japanisch und erklärte, wie wir uns in die Lage manövriert hatten. Er nahm uns dann mit zum Personal am Ticket Gate und klärte mit der Kollegin etwas. Die Kollegin buchte die Suica Karten dann mit unserem eigentlichen Ankunftsbahnhof Okinajima aus, so dass der fällige Betrag korrekt nachberechnet wurde. Somit hatte die Klärung auf Anhieb ohne Missverständnisse geklappt, was mich sehr gefreut hat. Vom Servicemitarbeiter bekam ich noch zu hören, dass mein Japanisch sehr gut wäre (wobei man das sehr oft zu hören bekommt, selbst wenn man nur einen Satz auf Japanisch sprechen kann). Daher hat mich besonders gefreut, als er noch erwähnte, dass er alles was ich erzählt habe verstanden hat. Ob die Suica Welcome Card nun wieder wie gewohnt nutzbar ist, werden wir wohl bei der nächsten Zugfahrt sehen.

Weitere Impressionen des Tages

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