Tag 7: Refuge de Capannelle – Vizzavona

Die heutige Etappe nach Vizzavona sollte mit 13,1 km und einer veranschlagten Dauer von nur 5:00 Stunden mit eine der kürzeren Etappen auf dem GR20 Süd werden. Auch der Aufstieg von nur 300 m und der Abstieg von 970 m ließen auf einen ziemlich angenehmen Tag schließen.

Abschluss des GR20 Süd

Wieder einmal klingelte mein Wecker um 5:50 Uhr und wieder einmal hatte ich eine unruhige und somit wenig erholsame Nacht. Ich baute in der Dunkelheit wieder mein Zelt ab, packte meinen Rucksack und machte mich 6:45 Uhr auf den Weg nach Vizzavona. Auch heute hatte ich wieder die Gelegenheit einen wunderschönen Sonnenaufgang zu erleben.

Sonnenaufgang am Refuge de Capannelle
Sonnenaufgang am Refuge de Capannelle

Der Weg war relativ eben, es gab keine Klettereinlagen und es ich konnte viele Waldgebiete durchqueren. Somit war der Weg heute wenig anspruchsvoll und sorgte dafür, dass ich sehr schnell vorankam. Die Sonne schien allerdings wieder unerbittlich und somit stieg die Temperatur von Stunde zu Stunde. Heute kamen mir allerdings besonders viele Wanderer entgegen. Anhand der Rucksäcke und der sauberen Kleidung war jedoch ersichtlich, dass es sich überwiegend um Tagesausflügler handelte.

Wegweiser "GR20 Nord"
Wegweiser „GR20 Nord“

Am Ende der heutigen Etappe entdeckte ich dann ein Schild mit der Aufschrift „GR20 Sud“, das in die Richtung zeigte aus der ich gerade kam und direkt daneben ein Schild mit der Aufschrift „GR20 Nord“, das in meine aktuelle Zielrichtung zeigte. Somit hatte ich den GR20 Süd nun tatsächlich geschafft. Streckentechnisch hatte ich also die Halbzeit erreicht, da ich nun 82,7 von 160,5 km geschafft hatte. Wenige Minuten später erreichte ich dann auch den Ort Vizzavona. Es war gerade einmal 10:40 Uhr und somit brauchte ich statt 5:00 Stunden nur 4:00 Stunden. Anscheinend hatte sich mein Körper mittlerweile auf den schweren Rucksack und das tägliche Wandern eingestellt.

Das Örtchen Vizzavona

Vizzavona konnte kaum als Dorf bezeichnet werden. Es gab ein kleines Hotel, einen Zeltplatz, ein Restaurant, einen Bahnhof mit integriertem Restaurant, eine Touristeninformation, einen Supermarkt in einem Häuschen so groß wie ein Geräteschuppen und eine handvoll Häuser. Laut meinen Recherchen gibt es wohl nur 10-50 Einwohner, was ganz gut hinkommen könnte.

Eine Übernachtung im Hotel – oder auch nicht..

Wie geplant machte ich mich auf die Suche nach dem in meinem Wanderführer genannten Hotel. Ich wollte mich schließlich für die Strapazen der letzten Woche belohnen. Zudem wollte ich am kommenden Tag voll ausgeruht in die ersten Nordetappe starten, da die Nordetappen anspruchsvoller als die Südetappen sein sollen. Ich lief die eine existierende Straße in Vizzavona auf und ab und konnte das Hotel jedoch nicht entdecken. Lediglich ein Hotel mit einem anderen Namen fiel in mein Blickfeld. Ich fragte dort an, ob noch ein Zimmer frei wäre und wie viel es kosten würde. Nachdem ich die Antwort erhielt, dass noch ein Zimmer frei wäre freute ich mich bereits. Als ich dann aber hörte, dass für das Zimmer 120,00 € verlangt werden lehnte ich dankend ab. Erneut begab ich mich auf die Straße und fragte einige Leute nach dem von mir gesuchten Hotel. Niemand kannte das Hotel und somit ging ich zur Touristeninformation und fragte dort nach dem Hotel. Dort konnte man mir weiterhelfen, allerdings sollte das Hotel ca. 2 km entfernt liegen. Das kam mir komisch vor aber letztendlich konnte ich die Antwort nicht validieren, da mein Kartenmaterial das Hotel ebenfalls nicht aufführte. Ich entschied mich dann dazu auf dem Zeltplatz zu übernachten.

Kleinkrieg in Vizzavona

Da ich den Zeltplatz nicht auf Anhieb als Zeltplatz identifiziert hatte, fragte ich die Dame in der Touristeninformation direkt einmal, wo genau ich den Zeltplatz finden würde. Sie erzählte mir dann, dass es um die 5 km von Vizzavona entfernt einen Zeltplatz geben soll und dass ich mir ein Taxi dorthin nehmen kann. Am nächsten Morgen könne ich mir dann erneut ein Taxi nehmen um wieder nach Vizzavona zu kommen. Die Antwort kam mir sehr komisch vor. Ich antwortete verwundert, dass es doch in Vizzavone einen Zeltplatz geben müsse. Erneut fing sie an, vom weit entfernten Zeltplatz zu sprechen. Ich ließ sie ausreden und machte noch einmal etwas energischer und leicht verärgert klar, dass ich wissen möchte wo der Zeltplatz in Vizzavona ist. Daraufhin erhielt ich meine Antwort und machte mich dann etwas verwundert auf den Weg zum nur 85 m entfernten Zeltplatz.

Zeltplatz in Vizzavona
Zeltplatz in Vizzavona

Auf dem Zeltplatz angekommen saß Christian bereits vor der Hütte des Zeltplatzbesitzers und kaute auf einer Salami rum. Er warnte mich dann, dass der Zeltplatzbesitzer etwas komisch sei und er ihm verboten hätte in dem anderen Supermarkt einkaufen zu gehen, wenn er auf dem Zeltplatz bleiben möchte. Mit wenig Begeisterung betrat ich dann die Hütte um einen Zeltstellplatz zu kaufen. Vor mir stand ein alter, ledriger, weißhaariger Opa. Auch mir wurde dann das Einkaufsverbot mit dem Satz „We are in war!“ (zu deutsch: Wie sind im Krieg!) auferlegt. Langsam wurde mir klar war hier gespielt wurde. Das Dörfchen schien sich zerstritten zu haben. Daher wollte mich die Dame in der Touristeninformation auch sonst wo hinschicken und nicht auf diesen Zeltplatz.

Ich warf meine Sachen ab und wollte mir aber trotzdem mal das Angebot des anderen Supermarkts angucken. Somit machte ich mich direkt wieder auf den Weg. Unterwegs wurde ich dann allerdings von einem der beiden Restaurants abgelenkt, da es Kiwieis gab. Ich kaufte mir also sofort ein Kiwieis und setzte mich auf die Terrasse des Restaurants um mein Eis zu genießen. In der Zwischenzeit kam auch der 58-jährige Lehrer in Vizzavona an. Er setzte sich zu mir und wir quatschten ein wenig über das Leben. Er zog dann etwas später los zum Zeltplatz und ich zum Supermarkt. Nachdem ich die Waren inspiziert hatte, kehrte ich auch wieder zum Zeltplatz zurück. Christian erwartete mich schon und erzählte mir sofort, dass nachdem ich den Zeltplatz verlassen hatte, der Zeltplatzbesitzer direkt ein Fernglas gegriffen hatte und genau beobachtet hat wohin ich gehe und was ich mache. Ein Glück ich hatte zuerst mein Eis gegessen und bin nicht direkt zum Supermarkt gegangen. Wer weiß was der Opa sonst angestellt hätte.

Den restlichen Tag verbrachten Christian, der 58-jährige Lehrer und ich dann gemeinsam auf dem Zeltplatz. Ich beschäftigte mich primär mit Nahrung kaufen, kochen und essen. So gab es insgesamt 3 Tüten Kartoffelbrei, 1 Baguette, 2,25 Liter Orangina und 1 Tüte Chips. Während unserer Gespräche mit dem Zeltplatzbesitzer erfuhren wir dann auch, dass es wohl einer der heißesten Sommer der letzten Jahre ist und diese Temperaturen nicht normal sind. Zudem hätte es wohl seit 3 Monaten kein einziges Mal geregnet. Das erklärte auch die Staubwüsten der letzten Tage. Unsere Klamotten und Ausrüstung waren dementsprechend dreckig.

Vorbereitungen für die 1. Nordetappe

Bevor es auf die 1. Nordetappe gehen sollte, wollte ich nochmal richtig meinen Rucksack ausmisten um möglichst viel Gewicht abzuwerfen. Durch meine heutige Fressorgie hatte ich meinen Rucksack ja bereits um einige hundert Gramm erleichtert. Ich sortierte dann noch Müll, überflüssiges Papier und eine Gaskartusche aus. Insbesondere letztere war relativ schwer und noch recht voll. Ich stellte sie dann in den Kochbereich, so dass sie ein anderer Trekker mitnehmen kann. Ich hatte ja noch meine 2. Gaskartusche die für den GR20 Nord mehr als ausreichend war.

Meine Blasen verheilten auch langsam, so dass das Laufen nicht mehr wirklich schmerzhaft war. Zudem habe ich mich heute nach 7 Tagen zum ersten Mal wieder im Spiegel gesehen. Es war zu erkennen, dass die Anstrengung, der Schweiß und Dreck ihren Tribut forderten.

Von einer Gruppe Belgiern, die aus dem Norden kam, erfuhr ich, dass es auf der morgigen Etappe mindestens eine Quelle geben sollte. Für Wasser war also gesorgt. Zudem erzählten sie mir, dass es wohl übermorgen regnen soll. Eine sehr wertvolle Information. Denn bei schlechtem Wetter kann es in den Bergen schnell gefährlich werden. 21:00 Uhr ging es dann ins Zelt und der doch sehr erholsame Tag endete.

Weitere Impressionen des Tages

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