Ein neues Abenteuer stand vor der Tür! Der ca. 185 km lange Dolomiten-Höhenweg 6, der sich einmal quer von Nord nach Süd durch die italienischen Dolomiten zieht. Geplant waren für diese Trekkingtour 11 Etappen sowie 4 Puffertage für unvorhergesehene Geschehnisse. Als Begleitung hatte ich diesmal Patrick mit dabei.
Anreise nach Sappada
Der Startort unserer Trekkingtour war der kleine italienische Ort Sappada. Anstatt zu fliegen, entschieden wir uns aufgrund der schlechten Erreichbarkeit des Ortes für eine Zugfahrt. Dies hatte zudem den Vorteil, dass wir die zum Kochen notwendige Gaskartusche bereits in Deutschland kaufen konnten.
Berlin – München
Mein Wecker klingelte bereits 5:40 Uhr, damit ich mich rechtzeitig mit Patrick am Bahnhof Berlin Südkreuz treffen konnte und wir pünktlich 7:11 Uhr in den ICE steigen konnten. Unser erster Reiseabschnitt sollte uns von Berlin nach München führen. Da meine Zugfahrten mit einem ICE in der Regel in einer Katastrophe enden, fragte ich mich, welche Überraschungen die DB diesmal für mich bereithielt. Nur einige Zeit nach Beginn der Fahrt wurden bereits 4 Wagen wegen defekter Elektronik gesperrt. Die in diesen Wagen sitzenden Passagiere mussten sich dann über die anderen Wagen verteilen, was bei einem stark ausgelasteten Zug natürlich für diverse Probleme sorgte. Die Passagiere wurden dann gebeten an einem der nächsten Bahnhöfe auszusteigen und auf einen anderen ICE auszuweichen. Dieses Experiment wagen natürlich nur Leute, die wenig Erfahrung beim Reisen mit der DB haben. Die übrigen Wagen mit funktionierender Elektronik wurden dann wieder so brutal klimatisiert, dass ich mir wünschte in einem der Wagen mit defekter Elektronik und somit nicht funktionsfähiger Klimaanlage zu sitzen. Neben den bereits erwähnten Problemen blieben wir mit dem Zug zudem einige Male irgendwo im Nirgendwo stehen. Mal mit Begründung und mal ohne Begründung. Somit bauten sich 30 Minuten Verspätung auf, so dass wir unseren Anschlusszug in München verpassten.
München – Fortezza/Franzensfeste
Der nächste Zug sollte uns von München über Österreich bis zum italienischen Ort Fortezza/Franzensfeste bringen. Aber erst einmal mussten wir klären wie sich die Weiterreise gestalten sollte. Im deutschlandweiten DB-Verkehr ist in der Regel bekannt, dass bei einem verspäteten Zug die Zugbindung aufgehoben wird und ich einfach den nächstbesten Zug nehme, um mein Ziel zu erreichen. Aber wie verhält sich das, wenn ich einen Folgezug der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) verpasst habe, der mich von Deutschland über Österreich nach Italien bringt. Und was passiert mit der danach folgenden Zugverbindung, die von einer italienischen Zuggesellschaft betrieben wird? Im ICE auf dem Weg nach München fragte ich in weiser Voraussicht das Personal wie mit solch einer Situation umgegangen wird. Die Antwort war, dass die Fahrkarten umgeschrieben werden müssen. Somit machten wir uns in München auf zum Schalter, um die Fahrkarten umschreiben zu lassen. Allerdings erhielten wir dort die Aussage, dass dies nicht notwendig ist und wir uns einfach in die Züge setzen sollen. Etwas unwohl nahm ich diese Aussage zur Kenntnis und fragte mich, ob dies in der Zusammenarbeit den anderen Bahngesellschaften wirklich so einfach funktionieren würde. Da der von uns benötigte Zug nur alle 2 Stunden fuhr, nutzten wir die restliche Wartezeit um einen bayrischen Döner zu essen und einen kleinen Mittagsschlaf in einem angrenzenden Park zu machen.
Gegen 13:40 Uhr stiegen wir dann in den Zug der ÖBB ein. Da wir nicht die Einzigen waren, die durch die vorherige Verspätung außerplanmäßig diesen Zug nehmen mussten, war der Zug stark überbelegt. Somit durften relativ viele Leute stehen oder auf den Gängen sitzen. Patrick und ich hatten jedoch Glück, dass aufgrund von falsch in Anspruch genommenen Sitzplatzreservierungen 3 Sitzplätze im Family Zone Abteil frei geworden sind. Da weit und breit keine Familien zu sehen waren, konnten wir uns somit 3 Stunden auf dem Boden sitzen ersparen. Positiv hervorzuheben ist, dass die Klimaanlage perfekt eingestellt war. Pünktlich erreichten wir dann den Ort Fortezza/Franzensfeste. Ein merkwürdiges Gefühl. Ob die ÖBB wohl immer so pünktlich ist?
Fortezza/Franzensfeste – San Candido
In Fortezza/Franzensfeste stiegen wir dann ein letztes Mal um. Auch diese Fahrt verlief unspektakulär und durch die Fenster konnten wir bereits das nördliche Ende der Dolomiten bewundern. In diesem Gebirge würden wir also die nächsten Tage unterwegs sein. 18:15 Uhr erreichten wir letztendlich den Zielbahnhof San Candido in Südtirol. Der Ort ist mit seinen ca. 3.405 Einwohnern relativ überschaubar.
Insgesamt waren wir etwas über 11 Stunden unterwegs und haben für die Zugfahrt in der 2. Klasse ohne Sitzplatzreservierung als Super Sparpreis 259,80 € gezahlt. Im Nachhinein betrachtet wäre ein Flug deutlich günstiger und deutlich schneller gewesen.
Transfer nach Sappada
Dass wir heute Morgen bereits 7:11 Uhr die Zugreise starteten hatte natürlich einen guten Grund. Denn wir wollten noch den letzten Bus von San Candido zu unserem Zielort Sappada erwischen. Diese Option hatte sich nun erledigt. Jetzt gab es lediglich 2 Optionen. Entweder eine Nacht für ca. 200,00 € in San Candido bleiben und den Zeitplan bereits am Anreisetag zunichtemachen. Oder per Taxi zum 51 km entfernten Zielort Sappada fahren. Wir entschieden uns dann für die Option mit dem Taxi.
Da es sich bei San Candido nur um einen kleinen Ort handelt, stand natürlich kein Taxi vor dem Bahnhof. Patrick recherchierte daher im Internet und suchte die Mobilfunknummer eines in San Candido ansässigen Taxifahrers heraus. Vor dem Bahnhof stand zudem ein Schild, auf dem unter der Überschrift „Mietwagen mit Fahrer“ einige Telefonnummern aufgelistet waren. Nun stellte sich mir natürlich die Frage, was würde so eine Taxifahrt kosten und ob die als Leerfahrt durchgeführte Rückfahrt ebenfalls bezahlt werden muss. Ich wollte also erst einmal anrufen und fragen, ob der Taxifahrer überhaupt Zeit hat zur Abendbrotzeit solch eine Tour auf sich zu nehmen und wie der ungefähre Preis ausfallen würde. Vorher stellte sich mir aber noch die Frage in welcher Sprache ich denn telefonieren muss. Italienisch, Englisch oder doch Deutsch? Ich bereitete mich auf alle Varianten vor, um dann von einem „Grüß Gott“ überrascht zu werden. Nachdem ich telefonisch alle Details geklärt hatte, holte uns der Taxifahrer wenige Minuten später vom Bahnhof ab.
Der Taxifahrer war überrascht, dass wir solch eine lange Strecke mit einem Taxi zurücklegen wollen und wir nicht mit einem Bus fahren. Wir erklärten ihm die Hintergründe und dann ging es auch schon los. Während der Fahrt erklärte er uns interessanterweise, dass er gar kein Taxifahrer ist. Die allgemein bekannten Taxis sind wohl primär in Städten zu finden. Auf dem Land ist vorrangig das Konstrukt Mietauto mit Fahrer gängiger. Für mich als Fahrgast ist das Ergebnis dasselbe, es soll aber Unterschiede bei der Flexibilität, der Regulierung/Lizenzierung und der Preisgestaltung geben. Da wir einige Zeit mit dem Mietauto unterwegs waren, konnten wir uns zu weiteren kulturellen Aspekten mit dem Fahrer austauschen.
Interessant war auch die Auskunft, dass vor einiger Zeit die Straße nach Sappada durch einen Erdrutsch für 2 Tage nicht mehr passierbar war. Hätten wir in diesem Zeitraum anreisen wollen, hätten wir wohl einen mehrtägigen unfreiwilligen Stopp einlegen müssen. Eins wurde uns durch das Gespräch jedoch schnell klar. Das Gestein der Dolomiten ist so porös, dass solch ein Erdrutsch keine Seltenheit ist.
Gegen 19:30 Uhr erreichen wir während der Dämmerung den von uns angepeilten Campingplatz in Sappada. Der vom Fahrer während des Telefonats erwähnte Preis in Höhe von 80,00 € war dann auch der Preis, den er uns in Rechnung stellte. Die freie Preisgestaltung scheint im Vergleich zu den Taxis ein Vorteil bei den Mietwagen mit Fahrer zu sein. Das kann dem Fahrgast natürlich positiv sowie auch negativ treffen. Der Fahrer bekam dann zum Abschluss ein gutes Trinkgeld von uns und wir waren überglücklich unser Ziel noch an diesem Tag erreicht zu haben.
Sappada Campingplatz
Nun stellt sich die nächste Herausforderung. Es war fraglich, ob überhaupt noch Personal auf dem Campingplatz anzutreffen ist, da es schon relativ spät war. Zudem hatten wir keine Reservierung bzw. Buchung, so dass wir plötzlich als unangekündigte Gäste dort auftauchten. Auch in diesem Fall hatten wir wieder Glück, denn die Rezeption war aufgrund der Größe des Campingplatzes noch für 30 Minuten besetzt. Somit buchten wir einen Stellplatz für ein kleines Zelt und dann bekamen wir auch schon eine Einweisung und wurden zur Zeltwiese geführt.
Zu unserer Verwunderung stand kein einziges Zelt auf der Zeltwiese. Somit hatten wir den kompletten Platz, der von 2 Seiten von Wald umgeben war, für uns allein. Also glücklicherweise kein Lärm und kein Schnarchen anderer Wanderer. Die Wiese war allerdings nass und der Boden mit Wasser vollgesaugt, da es tagsüber stark geregnet hatte.
Das Zelt stand kurz bevor es komplett dunkel war und wir suchten noch das Restaurant auf dem Campingplatzgelände auf, um eine warme Mahlzeit genießen zu können. Für mich gab es Tagliatelle mit Hirschragout. Solch ein Gericht hätte ich auf einem Campingplatz nicht erwartet.
Gegen 21:30 Uhr ging es dann zurück ins Zelt und 22:00 Uhr schliefen wir dann schon.