Nachdem wir durch die gestrige Bergbesteigung körperlich ziemlich erschöpft waren, stand heute in Nikkō ein etwas entspannterer Tag an. Als Ziel hatten wir uns den Wasserfall beim Kanmangafuchi Abyss gesetzt sowie einen Besuch im botanischen Garten.
Orangensaftunfall
Wie gestern klingelte der Wecker bereits 7:00 Uhr, da wir für 7:30 Uhr zum Frühstück erwartet wurden. Da ich allerdings noch bis 1:30 Uhr am gestrigen Blogeintrag geschrieben habe, war meine Nacht mit 5,5 Stunden Schlaf einfach viel zu kurz. Vor allem da ich aufgrund der gestrigen Anstrengungen eine deutlich längere Erholungsphase benötigt hätte.
Beim Frühstück wurde wieder ordentlich aufgetafelt. Viele kleine Schälchen mit eingelegtem Gemüse, Fisch, Fleisch, Ei, Suppe und Reis standen bereit. Somit konnten wir mit einer soliden Basis in den Tag starten. Allerdings passierte mir beim Frühstück ein kleines Malheur beim Getränke holen. Beim Eingießen des Orangensafts kam trotz voller Kanne immer weniger Flüssigkeit aus der Kanne. Daher veränderte ich den Winkel der Kanne immer weiter bis sich der Deckel ungewollt komplett löste und ich das komplette Tablett innerhalb einer Sekunde unter Orangensaft setzte. Glücklicherweise kam direkt jemand vom Personal zur Hilfe und legte alles wieder trocken und versorgte mich zudem mit ausreichend Tüchern. In Zukunft werde ich die Deckel von Kannen wohl immer festhalten.
Nach dem Frühstück legte ich mich noch einmal auf meinen Futon und schlief vor Müdigkeit direkt wieder ein. Knapp 2,5 Stunden später wachte ich dann wieder auf und war ausreichend erholt, um den Tag tatsächlich starten zu können. André und Phil ging es genauso. Kurz darauf klingelte es an unserer Tür. Da ich nur in Boxershorts durchs Zimmer sprang, schlüpfte ich schnell in ein T-Shirt und öffnete anschließend die Tür. Ein älterer Herr wollte unser Zimmer reinigen, allerdings vertröstete ich ihn dann um eine Stunde.
Kanmangafuchi Abyss
Kurz vor 12:00 Uhr zogen wir dann zu Fuß los und durchquerten eine schöne kleine Wohnsiedlung innerhalb von Nikkō. Unser Ziel war das Kanmangafuchi Abyss bzw. der dortige Wasserfall. Beim Kanmangafuchi Abyss handelt es sich um eine mehrere hundert Meter lange Schlucht, die durch einen Vulkanausbruch des Nantai-San entstanden ist. Also dem Berg den wir gestern bestiegen haben.
Ein Fluss mit mehreren Wasserfällen und die sehr üppige Natur waren echt sehenswert. Die Wege durch die Schlucht sind teilweise mit aufgereihten Jizo Statuen versehen, die mit roten Mützen und roten Lätzchen geschmückt werden und die Seelen Verstorbener schützen.
Botanischer Garten
Anschließend ging es in den Botanischen Garten von Nikkō. Nachdem wir den Eintritt bezahlt hatten, wurden wir noch vor Blutegeln gewarnt. Insbesondere in der regenreichen und feuchten Jahreszeit sollen diese wohl sehr aktiv sein und auf Opfer warten. Mit dem bereitgestellten Spray sprühten wir dann unsere Beine ein, damit diese nicht mehr all zu lecker für die Blutegel sind. Zudem wurden kleine Tütchen mit Salz bereitgestellt, damit im Fall eines Blutegelbefalls Salz auf den Blutegel gestreut werden kann. Anschließend soll sich der Blutegel dann leicht abnehmen lassen. Auch im Hotel entdeckte ich am Abend im Fahrstuhl eine Warnung zu Blutegeln in der Umgebung des Hotels.
Der botanische Garten an sich könnte eher als botanischer Wald bezeichnet werden. Denn das Areal glich einem dicht bewachsenen Wald, in dem zwischen den Bäumen weitere Pflanzen angepflanzt wurden. Insgesamt sind wohl mehr als 1.500 Pflanzenarten zu finden, die alle mit einem Schildchen markiert wurden. So interessant der botanische Garten auch war, so hatten unsere bisherigen Touren durch die japanische Natur schon sehr viel vorweggenommen, so dass es keine großen Überraschungen mehr für uns zu sehen gab.
Mein Schokoeis muss in die Mikrowelle?!
Nach dem Besuch im botanischen Garten legten wir einen kleinen Zwischenhalt im Lawson ein. Ich kaufte mir ein Schokoeis bzw. dachte ich, dass es ein normales Schokoeis wäre. An der Kasse bekam ich auf einmal einen anderen Satz auf Japanisch zu hören als ich es bisher gewohnt war. Da ich noch aufmerksam zugehört hatte, fragte ich was sie mit „25 Sekunden“ meinte und plötzlich schoss sie hinter ihrer Kasse hervor und lief zur Eistruhe. Dort lag eine laminierte Anleitung zu meinem Eis, die sie mir dann zeigte. Mir wurde dann klar, dass sie zum Ausdruck bringen wollte, dass mein Eis für 25 Sekunden (bei 1500 Watt) in die Mikrowelle gestellt werden muss. Denn mein Eis war gar kein normales Eis sondern eher eine Art Eisgetränk. Ich bedankte mich für den Hinweis und stellte mein Eis testweise für 10 Sekunden in die Mikrowelle und verspeiste es anschließend genüsslich.
Kaiseki Abendessen
Anschließend ging es zurück ins Hotel. 18:00 Uhr stand dann unser Kaiseki Abendessen im Hotel an. Dieses hatten wir im Voraus für den heutigen Abend gebucht. Gekleidet im Yukata ging es dann in ein eigenes Restaurant im Hotel. Bei einem Kaiseki Abendessen handelt es sich um ein traditionelles japanisches Mehrgängemenü, das insbesondere in Nobelrestaurants serviert wird. Dementsprechend fallen auch die Preise für solch ein Abendessen aus. Jeder von uns konnte sein eigenes Mehrgängemenü wählen. Für mich gab es ein 5-Gängemenü mit der Bezeichnung Wakana.
Wie bereits gestern erwähnt ist Nikkō berühmt für Yuba. Daher gab es im ersten Gang die Möglichkeit selbst Yuba herzustellen. Dafür wurde ein Schälchen mit Sojamilch bereitgestellt und auf einem kleinen Kocher erhitzt. Die dabei sich bildende Sojamilchhaut musste dann mit den Stäbchen aufgenommen werden und in einer nicht näher spezifizierten Soße gedippt werden. Dies konnte insgesamt 3-mal gemacht werden bis die Brennpaste aufgebraucht war.
Da nun noch viel Sojamilch in der Schale übrig war, wurde als nächstes Nigari (traditionell aus Meerwasser gewonnenes Gerinnungsmittel) in die Sojamilch gegeben und einige Male leicht umgerührt. Dies führte dazu, dass die Sojamilch immer fester und letztendlich zu Sojablöcken wurde. Diese konnten anschließend in einer weiteren nicht definierbaren Flüssigkeit gedippt und gegessen werden. Ein wirklich lehrreiches Abendessen.
Die weiteren Gänge bestanden dann aus sehr vielen kleinen Speisen. So konnte ich viele Leckereien kosten und selbst wenn mir mal etwas nicht so richtig geschmeckt hat, so waren die Häppchen so klein, dass nicht auf dem Teller bleiben musste. Die einzelnen Gänge können gern im Detail in der Bildergalerie bestaunt werden. Natürlich gab es auch das eine oder andere Missverständnis, da wir nicht genau wussten in welcher Reihenfolge bestimmte Speisen zu essen waren oder was möglicherweise besser nicht mitgegessen werden sollte. Aber das gehört zur kulturellen Erfahrung dazu. Das Personal war jedenfalls sehr hilfsbereit und hat uns Unwissende mehrere Male erleuchtet.
Onsenbesuch zum Abschluss des Nikkō Aufenthalts
Da es heute unser letzter Abend im Premium Ryokan ist, hatten wir uns gemeinsam das Private Onsen für 23:00 Uhr gebucht. Somit konnten wir unseren Aufenthalt mit einem entspannten gemeinsamen Bad in einer heißen Quelle ausklingen lassen.