Aus dem Leben eines Abenteurers
 
Tag 18: Fukanuma Strand

Tag 18: Fukanuma Strand

Da unsere Körper durch die vielen Ausflüge schwer und träge waren, kam der heute eingeplante Entspannungstag gerade richtig. Ziel unseres heutigen Ausflugs war der Fukanuma Strand in Sendai.

Anreise zum Fukanuma Strand

Auch heute starteten wir direkt nach dem Frühstück. Die Fahrt zum Fukanuma Strand gestaltete sich zum Glück relativ einfach, da wir lediglich mit einer U-Bahn und anschließend mit einem Bus fahren mussten. Da wir in einen sehr entlegenen Teil von Sendai fuhren, gingen wir davon aus, dass es eine ziemliche ruhige Anreise werden würde. Aber auch mit dieser Annahme lagen wir mal wieder falsch. Denn als wir mit dem Bus mitten auf dem Land an einer Bushaltestelle hielten, standen dort 30 bis 40 Grundschüler. Alle mit weißer Kappe auf dem Kopf und gekleidet mit einer Ausflugsuniform. Und natürlich wollten diese Grundschüler alle mit diesem Bus fahren, so dass der Bus am Ende bis auf den letzten Sitz- und Stehplatz gefüllt war und somit aus allen Nähten platzte. Man muss dazusagen, dass japanische Busse bedeutend kleiner sind als deutsche Busse und die Kapazität an Sitz- und Stehplätzen daher schnell erschöpft ist.

Nun saßen wir dort also im Bus und wurden von vielen, wirklich vielen Kindern mit sehr viel Neugierde angeguckt. Allerdings traut sich in der Regel niemand einen anzusprechen, so dass man sich ein wenig wie im Zoo vorkommt. Nur dass man selbst die seltene Spezies darstellt, die angeguckt wird. Andrés Tattoos zogen dann die Aufmerksamkeit auf sich, so dass die Info über die Tattoos direkt im Bus verbreitet wurde und eines der Kinder mit dem Gesicht direkt über Andrés Arm hing. Teilweise ist es etwas merkwürdig wenn man so genau beobachtet wird, ohne dass jemand mit einem spricht. André erklärte dann mit wenigen Begriffen, was auf seinem Tattoo zu sehen war und ich kümmerte mich um die Frage, wo wir herkommen. Als ich antwortete, dass wir aus Deutschland kommen ging erst einmal ein großes „Ooooohhh“ durch die Reihen und jemand tuschelte „Das ist ja selten.“. Kurze Zeit später mussten die Grundschüler aber schon wieder alle aussteigen. Die meisten Kinder, die um uns herum saßen, verabschiedeten sich dann höflich von uns und nutzten die Gelegenheit wenigstens einmal mit uns zu reden.

Konfrontation mit dem 11. März 2011

Etwas später erreichten wir dann die Endhaltestelle der Buslinie. Eine Grundschule, die in der Nähe vom Strand Fukanuma steht. Anfangs verwunderte mich enorm, warum eine Schule mitten im Nichts steht. Denn außer der Schule waren bis zum Horizont keine Gebäude zu sehen.

Luftaufnahme vor dem Tsunami
Luftaufnahme vor dem Tsunami
Luftaufnahme nach dem Tsunami
Luftaufnahme nach dem Tsunami

Nur wenig später schlug meine Verwunderung nach dem Lesen einiger dort aufgestellter Infotafeln in Bedrücktheit um. Denn das Strandareal von Sendai wurde am 11. März 2011 von jenem Tsunami getroffen, der durch das Erdbeben der Stärke 9,0 ausgelöst wurde und auch den Super-GAU in Fukushima verursacht hatte. Daher wurde der komplette Landstrich von einer über 8 m hohen Welle dem Erdboden gleich gemacht. Die Vorher-Nachher-Fotos vermittelten einen sehr guten Eindruck, wie es dort mal ausgesehen hatte und welchen Schaden der Tsunami angerichtet hat. Allein im Gebiet Sendai gab es 931 Todesfälle und 139.643 stark beschädigte oder komplett zerstörte Gebäude. Mir wurde dann auch klar, warum auf diesem riesigen Gebiet alles so trist aussieht und bis auf etwas Gras keine Pflanzen mehr wachsen. Durch das Salzwasser, das weit ins Landesinnere gespült wurde, war der Boden einfach tot und wird es wohl noch eine halbe Ewigkeit bleiben. Das Schulgebäude war übrigens das einzige Gebäude, das den Tsunami überstanden hat und daher nun auf weiter Flur allein im Landstrich steht. Vermutlich liegt es einfach daran, dass Schulgebäude in Japan oft dermaßen stabil und erdbebensicher gebaut werden, dass diese auch als Evakuierungsort in Katastrophenfällen genutzt werden können.

Flutwelle des Tsunamis
Flutwelle des Tsunamis

Als wir die Grundschule erreicht hatten, standen dort 3 große Busse, die anscheinend viele Grundschüler dort hin gebracht hatten. Auch einige hundert Meter weiter, an einer großen Gedenkstatue standen weitere große Busse mit noch mehr Grundschülern. Ich vermute mal, dass die Katastrophe in der japanischen Geschichte einen wichtigen Punkt darstellt und direkt vor Ort an die Grundschüler weitergegeben wird. Es war dann etwas ungünstig, dass wir auf dem Weg zum Strand in weiter Entfernung an den Grundschülern vorbeilaufen mussten. Natürlich blieben wir nicht lange unentdeckt, so dass man uns die ganze Zeit zuwinkte und „Bye“ oder „See you“ zurief.

Fukanuma Strand

Als wir dann den Strand erreichten war ich erst einmal erstaunt. Der Fukanuma Strand war bis auf 2 bis 3 Personen menschenleer. Der Strandabschnitt ist mit 100 bis 150 m zwischen der Promenade und dem Meer einfach gigantisch groß und übertrifft alles was ich bisher gesehen habe. Nun hatten wir also einen riesigen Strand nur für uns allein. Irgendwie fühlte sich das etwas merkwürdig an, vor allem mit dem historischen Hintergrund. Nichtsdestotrotz verbrachten wir dann einen entspannten Tag am Strand und nutzten die Gelegenheit um mehrfach im Meer baden zu gehen.

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Zum späten Nachmittag hin gesellten sich dann noch 3 japanische Pärchen sowie eine junge Familie dazu, die erst mit hochgekrämpelten Hosen im Wasser umherspazierten und am Ende vom vielen Herumspielen mit nasser Jeans und nassem T-Shirt komplett im Wasser standen. Ich freute mich darüber, dass zumindest für einige Japaner der Strand auch wieder mit positiven Erlebnissen verknüpft werden konnte. Am Abend ging es dann wieder per Bus und U-Bahn zurück ins Hotel.

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