3:30 Uhr klingelte der Wecker. Meine Nacht war etwas unruhig aber zum Glück war ich ausreichend erholt. Möglicherweise war es die Aufregung die mich nicht so gut schlafen ließ, denn heute stand die Überquerung des Thorong La Pass auf dem Plan. Der Grund für den zeitigen Aufbruch war wieder einmal das Wetter. Denn zum Mittag hin setzen auf dem Pass sehr starke Winde ein, die zu Erfrierungen führen können. Das Risiko wollten wir natürlich nicht eingehen. Das Anziehen fiel diesmal wesentlich leichter, denn ich hatte meine Kleidung mit in den Schlafsack genommen. Genauso wie meine Wasserflaschen, damit das Wasser nicht einfriert. Die Akkus der Digitalkamera schliefen ohnehin schon seit gut einer Woche mit in meinem Schlafsack. 3:45 Uhr gab es dann Frühstück. Mein Magen machte wieder einmal Probleme und brachte unseren Zeitplan ein wenig durcheinander. Irgendein Nahrungsmittel schien ich überhaupt nicht zu vertragen. Der Verdacht fiel auf den Yak Käse.
4:30 Uhr brachen wir dann zum High Camp auf. Es war natürlich noch dunkel, so dass wir uns langsam mit Hilfe unserer Stirnlampen den Berg hochkämpften. Wir waren wirklich froh die Route am Vortag schon einmal gelaufen zu sein. Denn mit Rucksack bei dieser eisigen Kälte (-15°C) im Dunkeln den Berg zu erklimmen war schon ein großer Unterschied zum Vortag. Hinter uns sahen wir ein paar weitere kleine Stirnlampen leuchten. Wir waren also nicht die Einzigen die zeitig starteten. Was das Wetter anging, so hatten wir wieder einmal sehr viel Glück. Der Himmel war sternenklar, so dass wir uns keine Gedanken um Schneestürme machen mussten. Der Passüberquerung stand also nichts im Weg.
Gegen 5:30 Uhr erreichten wir das High Camp und die Sonne ging langsam auf. Im High Camp wollte ich dann eine Wasserflasche auffüllen. Da ich keine Wasserhähne oder ähnliches entdecken konnte, fragte ich im Guest House nach. Dort wurde mir dann Zutritt zur Küche gewährt. In dieser Stand ein riesiges Fass mit Wasser, an dem ich mich dann bedienen durfte. Vorsichtshalber warf ich aber noch eine Tablette zur Wasseraufbereitung in meine Trinkflasche. Später musste ich dann feststellen, dass das Wasser interessanterweise nach Mohrrüben schmeckte. Ich möchte gar nicht wissen was mit dem Wasser alles getrieben wurde. Zumindest bestand vorerst keine Gefahr durch Wassermangel.
Danach ging es bei strahlend blauem Himmel vom High Camp zum Thorong La Pass. Später gesellte sich auch noch die Sonne hinzu. Der Weg zum Pass war größtenteils schneefrei. Allerdings hatten es die Abschnitte mit Schnee in sich. Die Schneeverwehungen sorgten dafür, dass man schnell mal 30 cm im Schnee einbrach. Auch die sehr schmalen Pfade, die von Schnee und Eis bedeckt waren sorgten für einen anspruchsvollen Aufstieg. Ohne einen Gehstock konnte man relativ schnell den Abhang hinunterrutschen. Von daher lieh ich mir für die jeweiligen Stellen den 2. Gehstock von Patrick. Ohne wäre es wohl etwas komplizierter für mich geworden. Unterwegs trafen wir auf einen Guide und seine Gruppe. Der Guide war überrascht über das Tempo, das wir an den Tag legten. Da hatten die 12 Tage Aufstieg vielleicht doch schon einen guten Nebeneffekt erzielt. Der Weg zum Thorong La Pass zog sich dann wieder ewig hin und erinnerte an den Ice Lake Aufstieg. Erst sieht es so aus als ob der Gipfel am Horizont der letzte wäre und dann kommt doch wieder eine große Ebene, die von einem weiteren Gipfel gefolgt wird. Und dieses Spielchen wiederholte sich ebenfalls mehrfach. Hinzu kam die Sauerstoffnot. Da nur noch ein Sauerstoffgehalt von 50 % zur Verfügung stand, waren selbst kleine Steigungen schon äußerst anstrengend. Somit setzte ich einen Fuß langsam nach vorne und atmete dabei tief ein. Während ich das andere Bein langsam nach vorne zog, atmete ich wieder vollständig aus. Mit dieser Atemtechnik kam ich letztendlich am besten klar. Die Schritte mussten somit immer an die Atmung angepasst werden. Generell war die richtige Atmung ausschlaggebend um lange anstrengende Touren ohne viele zeitraubende Pausen zu meistern.
Nach knapp 4 Stunden erreichten wir letztendlich den Thorong La Pass in Höhe von 5416 m (beim Thorong La Pass handelt es sich übrigens um den weltweit höchsten Pass). Vor Freude und Erleichterung, das Ziel nach 13 Tagen wirklich erreicht zu haben, keiner Krankheit erlegen zu sein und alle körperlichen Anstrengungen überstanden zu haben bekam ich erst feuchte Augen und dann kullerten ein paar Freudentränen. Ein wirklich unbeschreibliches Gefühl. Dem australischen Pärchen, das fast zeitgleich mit uns den Pass erreicht hat, ging es genauso. Auch dort flossen Tränen da die Situation einfach überwältigend war. Alle Trekker und Nepalesen die den Pass erreicht hatten umarmten sich und waren einfach nur überglücklich. Danach stand erst einmal eine Fotosession an, denn dieser Moment musste für die Nachwelt festgehalten werden. Da ich meine Kamera direkt am Mann getragen habe, hatte ich auch keine Probleme mit eingefrorener Technik. Anschließend wurden Energieriegel verspeist. Auch das Trinken wurde nachgeholt. Mittlerweile schwammen riesige Eiskristalle in unseren Wasserflaschen herum. Da kommt Freude auf beim Trinken. Da ich aber bereits wusste, dass dieses Risiko besteht, hatte ich zumindest eine Wasserflasche eingewickelt in Kleidungsstücken im Rucksack verstaut. Somit hatte ich zumindest eine Flasche mit einigermaßen trinkbarem Wasser.
Nach einer längeren Pause auf dem Pass und dem Auskosten des Erfolges ging es dann mit dem Abstieg weiter. Vor uns lagen 1656 m Abstieg. Mir war nicht klar was das für eine Qual wird. Lieber wäre ich den Pass noch ein zweites Mal hochgestiegen als 1656 m abzusteigen. Die Muskeln meldeten sich relativ schnell und auch die Knie begannen irgendwann zu schmerzen. Zudem setzten bei mir Kopfschmerzen ein. Möglicherweise wieder zu wenig getrunken? Der Weg war auf dem ersten Drittel mit Schnee bedeckt, der jedoch teilweise festgetreten war. Da die Sonne den Schnee bereits angetaut hatte, war ein Teil der Strecke die reinste Schlitterpartie. Was die Flora und Fauna anging.. öhm ja, da gab es so gut wie keine. Nur Sand und Steine wohin das Auge blickte. Eine wirklich seeeehr triste Gegend, der wir einfach nichts abgewinnen konnten.
Nach weiteren 5 Stunden Abstieg (inkl. Mittagspause) erreichten wir dann endlich unseren Zielort Muktinath. Dieser lag auf einer Höhe von 3760 m. Wir sind somit 966 m aufgestiegen, 1656 m abgestiegen und haben in 9 Stunden einen Weg von 12 km zurückgelegt. In Muktinath suchten wir dann noch den TIMS Checkpost sowie die Safe Drinking Water Station auf und ließen uns dann in einem Guest House nieder.