Die heutige Etappe sollte mich zur 8,3 km entfernten Refuge de Ciuttulu di i Mori führen. Da als Laufzeit lediglich 3:30 Stunden und ein Aufstieg von 660 m angegeben wurden, entschloss ich mich dazu heute erneut zu doppeln. Denn was bringt es mir, schon weit vor 12:00 Uhr an der nächsten Refuge zu sein?! Letztendlich würde ich ohnehin wieder im Schlafsack landen, da es zu kalt wird. Somit plante ich zusätzlich die Etappe von der Refuge de Ciuttulu di i Mori zur Refuge de Tighiettu ein. Somit kamen nochmal 6,6 km, 3:15 Stunden Laufzeit, ein Anstieg von 350 m und ein Abstieg von 670 m hinzu. Insgesamt kam durch das Doppeln dann eine Gesamtstrecke von 14,9 km zusammen, die mit insgesamt 1010 m Anstieg und 670 m Abstieg doch einen ziemlich anstrengenden Tag versprechen sollte.
Reparaturarbeiten am Morgen
Der Morgen begann wieder relativ spät gegen 6:20 Uhr und diesmal hatte ich tatsächlich eine sehr entspannte und erholsame Nacht. Da es in der Nacht weitere Schauer gab war das Zelt klitschnass. Mir blieb also nichts anderes übrig als das Zelt nass einzupacken. Das Gewicht des Rucksacks stieg also wieder ein wenig. Noch interessanter war, dass wir die Ersten waren die ihre Zelte abgebaut haben. Und das um diese späte Uhrzeit. Sehr ungewöhnlich. Zum Frühstück gönnte ich mir einen Mars-Riegel, das restliche Brot von gestern und ein Schokocroissant. Flo erklärte mir dann noch, dass das Schokocroissant je nach Region eine andere Bezeichnung in Frankreich hätte.
Heute musste ich mich mit einem Problem auseinandersetzen, das mich schon seit 3 Tagen begleitete. Denn die Sohle meines linken Schuhs begann sich bereits in Vizzavona von der Schuhspitze aus abzulösen. Einige Kilometer später löste sich auch die Sohle am rechten Schuh ab. Somit musste ich die letzten 3 Tage sehr vorsichtig laufen und die Füße höher als nötig heben. Dies sorgte für einen erhöhten Kraftaufwand. Aber letztendlich hatte ich keine andere Wahl, denn es bestand das Risiko, dass ich mit der bereits abstehenden Sohle irgendwo hängen bleibe und ich mir die Sohle komplett vom Schuh reiße. Mir war klar, dass in diesem Fall meine Reise sofort enden würde. Ehrlich gesagt war ich ziemlich enttäuscht, dass meine teuren Meindl-Schuhe bereits nach nur 420 km auseinanderfallen.
Glücklicherweise entdeckte Flo im Supermarkt des Zeltplatzes Tape. Somit kaufte ich mir sofort eine Rolle orange leuchtendes Tape für 6,00 €. Der erfolgreiche Abschluss des GR20 sollte nun also wieder möglich sein. Nachdem ich die Schuhe gereinigt hatte, versuchte ich die Schuhspitzen mit Tape zu umwickeln. Das sah auf den ersten Moment auch super aus und schien zu halten. Nachdem ich aber die ersten 50 Meter gelaufen bin fielen die beiden orange leuchtenden Schuhkappen einfach ab. Das hatte ich mir anders vorgestellt. Also musste eine überarbeitete Version her. Ich wickelte das Tape also zusätzlich noch einmal komplett um den Schuh, so dass die Kappen nicht mehr abfallen konnten. Diese Konstruktion hielt dann bombenfest. Durch das Laufen im rauen Terrain scheuerte das Tape an der Unterseite des Schuhs allmählich durch. Somit war es notwendig alle 3-4 Stunden ein paar neue Lagen Tape nachzulegen. Mir sollte in den kommenden Tagen also nicht langweilig werden.
Auf dem Weg zur Refuge de Ciuttulu di i Mori
Die ersten 3,5 km führten über nahezu ebene Fläche, sofern man in den Bergen von eben sprechen kann. Ich durchquerte kleinere Wälder und langsam wich die Vegetation wieder den Steinen. Zudem stieß ich auf den Fluss Golo, der mit 90 km der längste Fluss Korsikas ist. An einer Badegumpe hielten Flo und ich dann an. Das Wetter war sonnig und somit wagten wir uns ins Wasser. Die Wanderer die in der Zwischenzeit vorbeikamen beäugten unser Vorhaben mit großer Verwunderung. Ich ging zuerst mit meinen Beinen ins Wasser und blieb dann 60 Sekunden auf der Stelle stehen um mich an die Wassertemperatur zu gewöhnen. Allerdings war das Wasser dermaßen kalt, dass meine Beine nach den 60 Sekunden bereits taub waren und von einem starken Schmerz durchzogen wurden. Allerhöchste Zeit sofort wieder aus dem Wasser zu gehen. Flo sprang direkt komplett ins Wasser hielt es aber auch nur wenige Sekunden aus. Der restliche Weg bestand dann aus einem 650 m Aufstieg der über eine Geröllpiste führte. Vegetation existierte keine mehr mit der Ausnahme diverser Gräser.
Refuge de Ciuttulu di i Mori
11:00 Uhr kam ich dann nach genau 3:30 Stunden an der Refuge de Ciuttulu di i Mori an. Der Plan noch eine Etappe ranzuhängen sollte also aufgehen. Ehrlich gesagt war ich noch topfit und freute mich richtig auf die nun folgende Etappe. Während ich mich in der Sonne ausruhte und das herrliche Panorama genoss, gönnte ich mir eine Cola und aß zur Stärkung eine Packung Beef Jerky. Danach ging es direkt weiter. Flo wollte allerdings noch einen kleinen Abstecher auf den angrenzenden Berg machen, so dass ich allein in die Etappe zur Refuge de Tighiettu startete.
Auf dem Weg zur Refuge de Tighiettu
Der Weg zur Refuge de Tighiettu begann mit einem steilen 600 m Abstieg, der sich lediglich auf 2 km verteilte. Dementsprechend steil war der Berghang. Somit stand 1 Stunde Kletterei auf dem Plan. Das Gestein war teilweise sehr lose, so dass ich ziemlich vorsichtig herunterklettern musste. Dabei merkte ich sofort wieder, dass runterklettern um ein vielfaches schwieriger ist als hochzuklettern. Zudem waren meine Knie überhaupt nicht von dieser Aktion begeistert, da ich immer wieder kleine Sprünge hinlegen musste und meine Knie das volle Gewicht zu spüren bekommen haben.
Während der Kletteraktion traf ich ein deutsches Pärchen, das vor 4 Tagen im Norden gestartet ist. Sie erzählten mir, dass die Belastung einfach zu groß ist und man bei der nächsten Gelegenheit abbrechen werde. Ich holte mir noch ein paar Infos hinsichtlich der vor mir liegenden Etappen und dann ging es direkt weiter.
Nachdem ich den Abstieg hinter mich gebracht hatte, führte mich ein relativ einfacher Weg durch Wälder. Meine Füße machten sich zwar bemerkbar aber das Laufen machte noch Spaß. Der letzte Kilometer bis zur Refuge sollte nochmal etwas anstrengender werden, da ein 300 m Anstieg bewältigt werden musste. Da es am Fuße des Bergs allerdings eine Bergerie gab, pausierte ich dort noch einmal. Ich gönnte mir eine Orangina als Energieboost und packte dann meine Reparaturutensilien aus, um meine Schuhe mit einer neuen Lage Tape zu versehen. Das orange Tape sorgte heute bereits den ganzen Tag für viel Aufsehen. Einfach jeder der mir entgegen kam versuchte unauffällig oder eben auffällig meine Schuhe zu begutachten. Gefühlt jeder 2. sprach mich auch darauf an. Vermutlich kam ich aufgrund dieser Gespräche deutlich langsamer voran als geplant. Nachdem ich einige Male ausführlich erklärt hatte was los ist, war ich es irgendwann leid und erwiderte nur noch, dass ich als Trendsetter unterwegs sei und es sich hierbei um die neuste Mode handelt. Das wurde glücklicherweise in jedem Fall mit viel Humor aufgenommen.
Während ich mich um meine Schuhe kümmerte trudelte eine Familie mit 2 Kindern ein. Anscheinend gab es einen sehr einfachen Weg mit Straßenanbindung in der Nähe. Ich hörte dann zwangsläufig die Unterhaltung der Familie, da sie direkt neben mir saßen. Anscheinend ging man davon aus, dass ich kein Deutsch verstehe. Man unterhielt sich über den GR20 und irgendwann fielen dann die Sätze „Wollen wir den mal nach dem GR20 fragen? Der sieht so aus, als ob er schon lange unterwegs ist.“. Da klinkte ich mich natürlich direkt in das Gespräch ein und sorgte für große Verwunderung, da man nicht erwartet hatte, dass ich Deutsch spreche. Anschließend folgte ein langes Gespräch über den Zustand des GR20. Toll fand ich dann noch den kleinen Jungen, der mich fragte warum ich oranges Krepppapier um die Schuhe habe.
Auf dem Weg zur Refuge de Tighiettu spendete mir dann noch ein Franzose große Kabelbinder für meine Schuhe. Natürlich wollte man dann noch ein Gruppenfoto mit mir (und vor allem meinen Schuhen) machen. Ich war der Star des GR20 *haha*.
Refuge de Tighiettu
Gegen 15:30 Uhr erreichte ich dann die Refuge de Tighiettu. Der Zeltplatz war fast komplett leer. Allerdings hatte der Zeltplatz aufgrund seiner Lage mitten im Berghang ohnehin nur sehr wenig Zeltplätze zur Verfügung. Ich genoss noch die letzten Sonnenstrahlen, die viel Wärme spendeten. Nebenbei knabberte ich ein paar Chips und nippte an einer Orangina. Zudem packte ich direkt mein Zelt aus, damit es in der Sonne trocknen konnte. Auch dem Schlafsack gönnte ich ein paar Sonnenstrahlen, da er durch das feuchte Wetter ebenfalls einiges an Feuchtigkeit aufgenommen hatte. Mit der Zeit trafen immer mehr Trekker ein und die Zeltplätze wurden immer weniger. Am Ende war der Platz einfach überfüllt und einige Leute mussten den Berg teilweise ein ganzes Stück absteigen um noch irgendwo einen Stellplatz zu finden. Da hatte ich nochmal richtig Glück gehabt. Flo hatte allerdings Pech, da er durch seine zusätzliche Bergbesteigung erst am Abend eintraf.
Ich konnte dann auch noch einen Studenten aus Deutschland kennenlernen, da er das gleiche Zelt wie ich hatte. Auch bei der weiteren Ausrüstung hatten wir anscheinend einen ähnlichen Geschmack. Somit hatten Flo und ich wieder eine weitere Person die uns am Abend Gesellschaft leistete. Zum Abendbrot gab es bei mir dann 1 kg Kartoffelbrei. Klingt erstmal nach viel aber letztendlich brauchte ich wieder ausreichend Nahrung um meine Energietanks für den morgigen Tag aufzufüllen. 21:00 Uhr ging es dann ins Bett. Wie auch die anderen Tage wurde es abends wieder arschkalt, so dass ich mich in meinen Schlafsack verkroch.
Apropos Ausrüstung: was für einen Schlafsack hattest Du dabei, bzw. mit welchem Komfortbereich? So wie es klingt, ist ein leichter Sommer-Daunen-Schlafsack mit einem Komfortbereich von 12°C zu kalt.
Normalerweise reicht ein leichter Sommerschlafsack vollkommen aus. Auf dem südlichen Teil des GR20 habe ich aufgrund der hohen Temperaturen (25-35°C) gar keinen Schlafsack benötigt. Im nördlichen Teil ist ein leichter Sommerschlafsack dann schon notwendig. Ich hatte nur das Pech, dass es dann am 10. Tag einen Kälteeinbruch gab und die Temperatur auf 4°C fiel. Da hat es sich dann bezahlt gemacht, dass ich meinen Daunenschlafsack „Mountain Hardwear Ratio 15“ (Komfort: -4°C, Limit: -11°C, Extrem: -31°C) dabei hatte, weil ich mit meiner Kleidung einfach nicht auf diese Temperaturen vorbereitet war. Mit den Erfahrungen, die ich auf dem GR20 machen durfte, würde ich um auf Nummer sicher zu gehen entweder wieder einen sehr warmen Schlafsack einpacken oder alternativ eine warme Daunenjacke. Hauptsache man muss im Fall der Fälle nicht frieren.
Wenn ich es richtig gelesen habe, bist Du im September gegangen? Ich plane Ende Juli zu gehen. Da sollte es nicht so kalt werden. Aber die Daunenjacke ist eine gute Idee.
Ich bin auch in der Kategorie 50+ und versuche jedes mögliche Gramm zu sparen. Entsprechend nehme ich lieber Geld als Essen mit 😅
Ich habe einen Primus Lite – allerdings muss ich hier noch gucken, ob ich entweder einen Adapter für die Campingaz Kartuschen finde oder ob ich mir eine Kartusche zum Campingplatz in Conca per Amazon Prime schicke.
Wenn ich mir im Wesentlichen nur Kaffee koche und 4-6x eine Notration koche, sollte auch eine ganz kleine Kartusche reichen, oder?
Auch bei der Sonnencreme kann man wohl ordentlich Gewicht sparen, wenn man statt dessen einen breitkrempigen Hut und Ärmlinge sowie lange Hosen trägt. Ich werde das vorher in den Alpen testen.
Ich war vom 24.08. bis 06.09. auf dem GR20 unterwegs. Also gut einen Monat nach deinem geplanten Zeitraum. Von den Temperaturen her sollte es daher im Durchschnitt kaum Unterschiede geben.
Mit dem Gedanken möglichst viel Gewicht zu sparen kann ich wirklich sympathisieren. 😄
Wenn du mit einer ganz kleinen Gaskartusche eine 100g Gaskartusche meinst, dann dürfte die für deine Notrationen und ein paar Kaffee ausreichen. Wenn du den kompletten GR20 laufen und jeden Tag Kaffee trinken möchtest, dann wäre eine 230g Gaskartusche sinnvoller. Sofern es dir auf die 130g Zusatzgewicht ankommt hilft allerdings nur eine ganz genaue Berechnung anhand deiner Rahmenbedingungen.
Sofern du in langen Klamotten nicht eingehst wäre das auch noch eine Option. Für mich persönlich undenkbar. 😄
Die Wüstenvölker tragen ja auch lange Klamotten. Ich bin gespannt, ist vielleicht ja auch eine mentale Sache 🤔 aber an sich bin ich bei Dir. Auch das werde ich vorher einmal ausprobieren. Es gibt spezielle Ärmlinge, die über das Schwitzen sogar kühlen sollen.
Am unsichersten bin ich mir echt beim Schlafsack. Ich habe ein Merino-Inlett (700g). Vielleicht ist das eine gute Kombination zu meinem Mountain Equipment Helium Solo (16/13/3°C). Der wiegt nur 420g.
Der Helium 400 wiegt gleich das doppelte (und dazwischen habe ich nichts).