Am heutigen Tag stand der Besuch der Burg Matsuyama auf dem Plan. Unser Abendprogramm sollte dann aus dem Besuch des japanischen Festes Mitsuhama Hanabi Taikai (三津浜花火大会) bestehen.
Wechsel nach Matsuyama
Heute stand der Wechsel von Saijô nach Matsuyama an. Der Wecker klingelte daher um 7:30 Uhr und unsere Nacht war nach den gestrigen Anstrengungen mit 6 Stunden definitiv viel zu kurz. Wir pellten uns also widerwillig aus unseren Futons und bereiteten uns auf das Frühstück vor. Auf dem Speiseplan stand ein traditionelles japanisches Frühstück. In einer Art Buffet standen viele kleine Schälchen mit einzelnen Nahrungsmitteln zur Auswahl. Ich nahm mir dann diverses eingelegtes Gemüse, in Brühe gekochtes Rindfleisch mit Zwiebeln, Mini-Würstchen, eine Schale Reis und eine Schale Misosuppe. Ein umfangreiches Frühstück um genug Energie für den ganzen Tag zu tanken. Nach dem Frühstück packten wir unsere Sachen und brachen gegen 10:00 Uhr zum Bahnhof auf.
Den Zug den wir nehmen wollten entfiel leider, so wie viele andere Züge auch. Vermutlich aufgrund des defekten Gleisabschnitts. Wir warteten also eine halbe Stunde und nahmen den Bummelzug nach Matsuyama. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass der Zug über 1,5 Stunden fährt und uns der Expresszug, der eine halbe Stunde später von Saijô aus startete, überholen würde. Nichtsdestotrotz war es eine tolle Zugfahrt in einem kleinen heimeligen Zug.
Anreise zum Hotel Dormy Inn
Gegen 13:00 Uhr erreichten wir dann den Bahnhof Matsuyama. Von dort aus wollten wir dann mit der Straßenbahn bis zum Hotel fahren. Da das Straßenbahnnetz allerdings von dem Unternehmen Iyotetsu Railway betrieben wurde mussten wir uns eine entsprechende Fahrkarte kaufen. Wo genau brachten wir im Tourist Information Center in Erfahrung. Da der Herr dort kein Englisch beherrscht war dies allerdings etwas schwieriger aber letztendlich erhielten wir die notwendige Information. Wir machten uns also auf den Weg zum nächsten größeren und mit Personal besetzten Iyotetsu-Bahnhof. Dort angekommen versuchte ich dem sehr alten Iyotetsu-Mitarbeiter klar zu machen, dass wir drei 2-Tages-Fahrkarten kaufen möchten. Wie sich herausstelle, gab es verschiedene Ausprägungen der Fahrkarten, die mit hinzugewählten Fahrzeugtypen immer teurer wurden. Nach Berücksichtigung der von uns benötigten Linien lohnte sich der Kauf auf einmal nicht mehr. Da wir auf der Suche nach dem Iyotetsu-Bahnhof schon einen Teil des Weges zum Hotel zurückgelegt hatten, entschieden wir uns dazu auch noch den restlichen Weg zu laufen. 14:00 Uhr erreichten wir dann das Hotel Dormy Inn und waren echt überrascht über den top Zustand und dem gehobenen Standard des Hotels. Da wir vor der eigentlichen Check-In Zeit ankamen, ließ man unsere Zimmer sofort vorbereiten, so dass wir nach dem Ausfüllen aller Dokumente direkt in unsere Zimmer durften. Das nennt man Service.
Burg Matsuyama
Nachdem wir unsere Koffer abgeworfen und uns im nächsten Konbini (24/7 Supermarkt) mit Sandwiches und Eis gestärkt hatten, machten wir uns auf den Weg zur Burg Matsuyama. Bei dieser handelt es sich um eine Burg die zwischen 1602 und 1628 errichtet wurde. Zudem handelt es sich um eine der 12 Burgen, die die Post-Feudale Zeit überstanden haben. Die Burg Matsuyama steht auf einem kleinen Berg inmitten der Stadt Matsuyama. Von daher mussten wir heute doch wieder einen kleinen Berg hochwandern. Den Eingang zu finden war dann doch etwas schwerer als gedacht. Daher irrten wir erst einige Zeit im umliegenden Parkgelände umher. Der eigentliche Zutritt erfolgt anscheinend über eine Seilbahn, die einen bis zum Inneren der Burg bringt. Wir hingegen sind den kompletten Weg gelaufen und mussten daher durch einen eher unscheinbaren Seiteneingang gehen. In meinen Augen die definitiv besser Wahl, da man so die verschiedenen Verteidigungsmauern und Tore begutachten konnte. Am höchsten Punkt der Burg hatten wir dann einen super Überblick über die ganze Stadt sowie die umliegende Umgebung. Definitiv ein super Ort für eine Burg.
Wir liefen dann einmal die Burgmauern ab und bewunderten noch etwas die Burg. Abschließend pausierten wir etwas, da die Hitze heute wieder echt krass war. Glücklicherweise habe ich mich schon relativ gut daran gewöhnt.
Mitsuhama Hanabi Taikai
Nach unserer Pause begaben wir uns wieder zum Eingang bzw. dem Ausgang der Burg und entschlossen uns dazu, direkt zum Mitsuhama Hanabi Taikai zu fahren. Dem größten Feuerwerksfest auf ganz Shikoku. Da wir eigentlich vorher noch einmal ins Hotel wollten, hatte ich dort mein Smartphone liegen lassen. Auf diesem waren allerdings alle Informationen zur Anreise zum Mitsuhama Hanabi Taikai gespeichert. Da wir nicht extra zum Hotel zurücklaufen wollten, versuchten Andre und ich die Route aus unseren Erinnerungen zu rekonstruieren. Wir stiegen also in die nächste Straßenbahn ein und wollten damit einige Stationen fahren. Der Fahrpreis blieb ja bei Iyotetsu Railway ohnehin immer identisch. Die Straßenbahn fuhr los und bog auf einmal in eine Straße ab, die nicht unseren Vorstellungen entsprach. Saßen wir wirklich in der richtigen Straßenbahn?! Die Straßenbahn fuhr erneut um eine Kurve und hielt an. Alle Passagiere begannen auszusteigen. Es handelte sich wohl um die Endstation. Somit mussten wir ebenfalls aussteigen und für die ca. 2 Minuten Fahrt den vollen Preis bezahlen. Wir nahmen es mit Humor und amüsierten uns über unsere äußerst lange Fahrt. An unserem Zielort waren wir aber immer noch nicht. Wir informierten uns dann wie wir zum Bahnhof Mitsu kommen und kauften uns entsprechende Fahrkarten. Anscheinend wollten auch viele andere Personen zum Mitsuhama Hanabi Taikai, da der Bahnhof mit sehr vielen Menschen in festlicher Kleidung gefüllt war. Damit sich der Fahrkartenkauf an den Automaten nicht so in die Länge zieht, stellte Iyotetsu zusätzliches Personal bereit, das einerseits manuell Fahrkarten ausstellte und dazu direkt Infoblätter zur Veranstaltung verteilte und andererseits den Kunden bei der Bedienung der Fahrkartenautomaten unterstützend zur Seite stand. Wieder ein Beweis dafür wie serviceorientiert die Japaner sind. Können wir das bitte auch in Deutschland haben?!
Der Bahnsteig füllte sich mit immer mehr Menschen bis er fast komplett voll war. Die Schlangen zum Einsteigen wurden trotzdem soweit es möglich war aufrechterhalten. Natürlich passten dann nicht alle Menschen in den Zug, so dass ein Teil der Menschen am Bahnsteig auf den nächsten Zug warten musste. Wir hatten es in den Zug geschafft und standen eng an eng. Umkippen war nicht mehr möglich. Glücklicherweise hatte ich den Luxus, dass ich ca. einen Kopf größer als 95 % aller Passagiere war. Daher konnte ich über fast alle Personen hinweggucken und hatte somit trotzdem meinen persönlichen Freiraum. In Mitsu ankommen warteten schon sehr viele Polizisten mit Leuchtstäben. Die Polizisten sperrten alle umliegenden Straßen ab und lenkten die Menge an Menschen wie eine Schafherde in die richtige Richtung. Wir wussten nicht einmal wo genau das Mitsuhama Hanabi Taikai stattfindet und flossen somit einfach mit dem Menschenstrom. Auf Schwarmintelligenz ist in solchen Fällen in der Regel verlass.
Auf dem Festgelände angekommen erwarteten uns bereits viele japanische Stände, die alle möglichen japanischen Delikatessen und diverse Getränke im Angebot hatten. Pünktlich um 20:00 Uhr startete dann das Feuerwerk. Die Aussicht war einfach eine der besten die ich jemals hatte und zudem waren wir sehr nah am Feuerwerk dran. Insgesamt wurden ungefähr 11.000 Feuerwerkskörper in den Himmel geschossen. Einige der Raketen waren wieder dermaßen groß, dass sie mehrere Sekunden mit einem sichtbaren Schweif in den Himmel aufgestiegen sind und dann einen Funkenregen über den ganzen Himmel verteilten. Der Knall kam dann erst 2 Sekunden später und ging aufgrund der Wucht durch Mark und Bein.
Was ich zum ersten Mal gesehen hatte waren fast waagerecht geschossenen Raketen, die dann knapp über dem Wasser explodierten aber auch die eingesetzten Unterwasser-Raketen waren mir gänzlich neu. Nach 1 Stunde und 15 Minuten (!) endete das Feuerwerkspektakel und Patrick und ich gönnten uns dann jeweils ein Okonomiyaki zum Abendbrot.
Die Rückreise sollte dann etwas langwieriger werden. Die Veranstaltung wurde mit ca. 225.000 Teilnehmern angegeben. Diese wollten dann natürlich alle nach Hause und die meisten von ihnen mit dem Zug. Wie nicht anders zu erwarten stellten sich tausende Leute ohne Mitwirkung der Polizei in einer seeeehr langen Schlange an und soweit ich es sehen konnte hielt sich jeder an diese Spielregeln. Iyotetsu Railway ließ die Züge statt im 30-Minuten-Takt im 10-15-Minuten-Takt fahren. Zudem wurden nach dem eigentlichen Betriebsschluss noch weitere Züge bereitgestellt. So einen Service möchte ich mal in Deutschland bei Großveranstaltungen erleben. In der Regel geht es dort den Verkehrsbetrieben am Arsch vorbei ob die Leute nach Hause kommen und zudem geht der Betrieb teilweise aufgrund der Menschenmengen in die Knie. In Japan erlebten wir das Musterbeispiel für einen super durchdachten Plan zur Bewältigung riesiger Menschenmengen. Zurück im Bahnhof Matsuyamashi, liefen wir die restliche Strecke zum Hotel und beendeten unseren Tag.