Diese Frage stellte ich mir letzten Samstag, als ich auf dem Heimweg ein paar Fahrscheine mit dieser bezahlen wollte. Eine leichte Panik machte sich sofort in mir breit. Gestern Mittag habe ich mit der Girocard doch noch Fahrscheine gekauft, ging mit sofort durch den Kopf. Die anfängliche Verlustbefürchtung wuchs auf dem Heimweg immer weiter, da ich die Girocard eigentlich immer im Portemonnaie aufbewahre und mir nicht erklären konnte warum diese nicht mehr da ist. Auch die Suche nach der Girocard in den eigenen 4 Wände musste nach wenigen Minuten erfolglos eingestellt werden. Die Girocard war weg.. und es musste in den letzten 29 Stunden passiert sein. Um auf Nummer sicher zu gehen, rief ich sofort bei meiner Bank an, ließ die Girocard sperren und orderte gegen eine Bearbeitungsgebühr von 10,00 Euro eine neue Girocard. Bis zu diesem Zeitpunkt ging ich davon aus, dass ich die alte Girocard mit hoher Wahrscheinlichkeit im Fahrkartenautomaten vergessen habe. Demzufolge erhielt ich vom Bankangestellten die Information, dass die Wahrscheinlichkeit einer missbräuchlichen Nutzung der Girocard äußerst gering ist. Der Fall war also für mich geklärt und die Girocard sowieso gesperrt.
4 Tage später, am Mittwochmittag, überprüfte ich im Online-Banking sicherheitshalber meine Kontoumsätze. Nach einem ersten Blick machte sich eine unangenehme innere Nervosität in mir breit. In den Kontobewegungen tauchte eine Zahlung über 100,00 Euro auf, die mir völlig unbekannt war. Dem Verwendungszweck konnte entnommen werden, dass die Girocard in der Nähe von Stuttgart zum Einsatz kam. Nun hatte ich es also wirklich mit einem Kriminellen zu tun, der mit meiner Girocard einkaufen geht. Doch wie war das mit einer gesperrten Girocard überhaupt möglich? Ein halbstündiges Telefonat mit meiner Bank verschaffte Klarheit. Die Sperrung einer Girocard dient ausschließlich zur Sperrung des PIN-Verfahrens, da nur bei diesem eine Verbindung zur Bank aufgebaut wird und somit Sperreinträge geprüft werden können. Das alte Zahlverfahren per Unterschrift baut hingegen keine Verbindung zur Bank auf, so dass auch keine Überprüfung stattfinden kann. Somit wird das Konto per elektronischem Lastschriftverfahren (ELV) belastet. Die Sperrung einer Girocard verhindert also nicht dessen Nutzung, ist aber trotzdem elementar! Nach dem Telefonat mit meiner Bank und einer weiteren halben Stunde kam ich langsam wieder zur Ruhe, konnte wieder einen klaren Gedanken fassen und mich wieder meiner Arbeit widmen. Da die Girocard trotz Sperrung verwendet werden konnte, hinterließ leider das unangenehme Gefühl der Hilflosigkeit. Die Option das Konto zusätzlich für alle elektronischen Lastschriften zu sperren und somit dauerhaft zu schließen ließ mich daher nicht los. Würde dies den Schaden begrenzen? Jedoch würde eine Sperrung am Monatsende für viele Rücklastschriften sorgen und somit ebenfalls Kosten und Aufwand verursachen.
Der nächste logische Schritt war das Stellen einer Strafanzeige. Daher machte ich mich nach dem Feierabend sofort auf den Weg zur nächsten Polizeistelle. Ich betrat diese mit der Erwartung, dass mir geholfen wird. Nach der einstündigen Aufnahme der Strafanzeige verließ ich die Polizeistelle jedoch enttäuscht und genauso hilflos wie vorher. Während des ersten Telefonates mit der Bank, wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Polizei ein eigenes Sperrsystem für Giro- und Kreditkarten führt. Das System nennt sich KUNO, ein Akronym für „Kriminalitätsbekämpfung im Unbaren Zahlungsverkehr unter Nutzung nichtpolizeilicher Organisationsstrukturen“. Nach Aufnahme in diesem System, werden die Sperrinformationen an die Einzelhändler übermittelt, so dass diese auch bei Nutzung des ELV überprüfen können, ob die verwendete Karte polizeilich gesperrt wurde. Bedauerlicherweise ist die Teilnahme an diesem Verfahren freiwillig und das Bundesland Hessen nimmt leider gar nicht an KUNO teil. Es ist in jedem Fall sinnvoll auch eine verlorene Karte in KUNO hinterlegen zu lassen, um möglichen Schaden frühzeitig abzuwenden. Da die Karte hierfür bei der Polizei als gestohlen gemeldet werden muss, sollte der Besuch der Polizeistelle zeitnah, nach dem bemerkten Verlust der Karte erfolgen. Für die Eintragung in KUNO wird die Kartennummer, Kartenfolgenummer und das Gültigkeitsdatum benötigt. Diese Informationen erhält man von seiner Bank. Mit diesem Wissen sprach ich die Polizistin auf die Eintragung an. Diese behauptete jedoch mehrfach, dass meine Bank dafür zuständig sei und dass sie noch nie davon gehört habe. Ich war kurzzeitig perplex, schlug dann aber vor ihr zu beweisen, dass KUNO von der Polizei betrieben und gepflegt wird. Mit Laptop und UMTS-Karte rief ich die von der Polizei betriebene Info-Website auf und stellte den Laptop der Polizistin auf den Tisch. Sie war etwas erstaunt und meinte dann nur, dass die Sperrung mit der Strafanzeige automatisch erfolgen würde. Ich zweifelte an der Kompetenz und ob die Sperrung wirklich erfolgen würde. Im Hotel angekommen, kümmerte ich mich um die Unterlagen, um das ELV rückabzuwickeln. Hierfür musste ein Formular ausgefüllt werden, eine Kopie der Strafanzeige und eine Stellungnahme eingereicht werden. Die Uhr zeigte mittlerweile 0 Uhr an und ich wollte einfach nur noch schlafen.
Am nächsten Tag, Donnerstagmittag, prüfte ich erneut meine Kontoumsätze. Und diesmal war der Schock etwas größer. Es gab eine erneute Zahlung mit meiner GiroCard über 300,00 Euro. Sofort machte sich wieder die Hilflosigkeit breit. Mit einem weiteren Anruf bei der Bank versuchte ich die Haftungsfrage zu klären. Hierbei stellte sich heraus, dass ein Geschädigter nach Sperrung der GiroCard auf der sicheren Seite ist. Der Einzelhandel geht bei der Verwendung des Unterschriftverfahrens bewusst das Risiko ein, dass mit gestohlenen Karten bezahlt wird. Daher ist das jeweilige Geschäft in der Pflicht nachzuweisen, dass der Karteninhaber den Einkauf getätigt bzw. die Unterschrift geleistet hat. Dass dies bei einer gestohlenen Karte nicht möglich ist, lässt den Fall relativ klar erscheinen. Sofern die Sperrung der Karte vor der missbräuchlichen Verwendung der Girocard erfolgte, so kann vom Karteninhaber von der Bank ein Sperrbeleg angefordert werden, der dann als Beweis dienen kann. Komplizierter dürfte der Fall gelagert sein, wenn die missbräuchliche Verwendung vor der Sperrung der Karte begann. Mit dieser Information konnte ich meiner Arbeit wieder etwas gelassener nachgehen.
Nach dem Feierabend stand wieder ein Besuch der Polizeistelle an, da die Strafanzeige um den neuen Sachverhalt erweitert werden musste. Diesmal suchte ich eine andere Polizeistelle auf. Zum Glück wie sich herausstellen sollte. Denn bei der initialen Aufnahme der Strafanzeige wurden einige gravierenden Fehler gemacht. So wurde in der Strafanzeige dauerhaft von einer Kreditkarte und nicht Girocard gesprochen. Ich hatte dies zwar bemängelt, jedoch wurde mir erklärt, dass das bei der Polizei keinen Unterschied macht und man dies nicht ändern wird. Das fand der mir gegenüber sitzende Polizist dann nicht so toll und war sichtlich verärgert. Durch die falsche Angabe im System wurde auch der Sperrvermerk in KUNO für eine Kreditkarte angelegt und war somit nutzlos! Glücklicherweise kannte der Polizist KUNO und wusste was zu tun ist. Fragen wie in welchem Bundesland KUNO überall zum Einsatz kommt oder wie schnell Änderungen greifen, konnte er mir dann aber auch nicht beantworten. Generell beschwerte er sich, warum sich die Polizei um so etwas kümmern muss. Nachdem der Polizist mehrere inhaltliche Fehler in der Strafanzeige gefunden hatte und mich in seiner Rage mehrfach schroff anfuhr, fühlte ich mich wieder fehl am Platz. Auf weitere Vorkommnisse kann ich vorerst nicht eingehen. Eine Recherche des Polizisten ergab, dass die Zahlung der 300,00 Euro in Hessen erfolgte. Könnt ihr euch noch erinnern, in welchem Bundesland KUNO nicht zum Einsatz kommt? Richtig, Hessen. Spätestens hier wurde mir klar, dass es sich um einen Profi handeln muss, der genau weiß was er tut. Ab diesem Zeitpunkt zweifelte ich langsam an meiner Vermutung, dass ich die Girocard lediglich vergessen hatte. Wurde sie mir etwa doch geklaut oder hatte ich einfach nur riesiges Pech?! Nach einer dreiviertel Stunde konnte ich jedenfalls die Polizeistelle endlich verlassen. Das Gefühl, dass mir geholfen wurde, fehlte aber weiterhin. Zumindest wurde der Eintrag in KUNO korrigiert, jedenfalls hoffe ich das. Zurück im Hotel, kümmerte ich mich um den weiteren Schriftverkehr.
Die Klärung über die Zahlung der 100,00 Euro wurde von meiner Bank bereits geklärt und das nach gerade mal einem Tag! Laut FAQ dauert sowas normalerweise 4-6 Wochen. Die Klärung bzgl. der 300,00 Euro steht noch aus. Da die Klärung in diesem Fall nicht über die Bank laufen wird, werde ich wahrscheinlich Post bekommen, so dass ich dann alle notwendigen Unterlagen einreichen muss. Da lasse ich mich mal überraschen, welche Wendungen das noch nimmt. Interessant ist auch, ob noch weitere Abbuchungen erfolgen werden. Der Idealfall wäre natürlich, dass die nächste Kartenzahlung durch KUNO aufgedeckt wird und der Täter somit gefasst wird. Sofern es sich um einen Profi handelt, dürfte dieser die Gefahr wohl kennen und die Karte entweder nicht mehr verwenden oder nur noch Unternehmen ansteuern, die KUNO definitiv nicht einsetzen. Es bleibt spannend.
Willkommen im Club,
G. kennt die Problematik bezüglich Geldbörsen & Kartenklau incl. Nebenereignissen mit Schriftkram bestens. Das Ganze endete mit der Unterstellung der Bank, dass er die PIN in der Börse oder auf der Karte notiert hatte und deshalb rund eine Stunde vor bemerktem Klau und veranlasster Sperre um 600€ Barauszahlung am rund 1km entfernten Automat und zusätzlich100€ Chipaufladung am Automat erleichtert wurde – Beweislast dass die PIN niergends stand liegt beim Kunden :-). Vom Bankautomat gabs sogar ein Foto, aber das war auch ein Profi denn man konnte aufgrund der Bekleidung & Kapuze im Gesicht nichts erkennen – nur die Polizei war der Meinung G. müsse doch die Person kennen :-). Insgesamt eine leider sehr teure Erfahrung, wo man merkt wie „toll“ alles läuft und wer wie immer der Depp ist.
Übrigens haben wir gleich am nächsten Tag das beklaute Konto gesperrt, sofort ein neues angelegt und die Lastschriften aufs neue umgeleitet – in dieser Situation wussten wir zu schätzen, dass wir die Bank vor Ort haben und alles mit dem Berater koordinieren konnten.
In der Hinsicht hatte ich dann doch etwas mehr Glück, da ich vermutlich auf keinem Schaden sitzenbleiben werde. Aktuell beläuft sich die Summe auf genau 700,00 Euro aber die Klärung mit den geschädigten Unternehmen steht noch aus.
So wie sich das anhört, habt ihr wohl auch wirklich tolle Erfahrungen mit der hilfsbereiten Polizei gesammelt.