Heute stand die erste Etappe des GR20 Nord auf dem Plan, die zur Refuge de l’Onda führt. Mit nur 10,6 km schien die Etappe relativ kurz zu sein, dafür sollte es 1200 m an einem Stück bergauf gehen und dann wieder 720 m bergab. Geplant waren hierfür 5:30 Stunden.
Aufbruch in völliger Dunkelheit
Ich wusste, dass mich heute ein anspruchsvoller Aufstieg erwarten würde. Und ich wusste auch, dass mich die Hitze in die Knie zwingen würde, sobald ich mich oberhalb der Baumgrenze befinden würde. Daher fasste ich bereits am Vorabend den Entschluss besonders zeitig aufzubrechen. 5:00 Uhr klingelte also mein Wecker. Das Abbauen des Zeltes und Packen des Rucksacks war mittlerweile zur Routine geworden und lief völlig automatisch ab. Glücklicherweise hatte ich in dieser Nacht zum ersten Mal eine richtige Tiefschlafphase, so dass ich echt fit war. Allerdings hatte mich meine gestrige Fressorgie in der Nacht auf Toilette getrieben. Könnt ihr euch vorstellen wie nervig es ist, sich mitten in der Nacht aus dem Schlafsack und Zelt zu pellen um dann mit der Stirnlampe den Weg zur Toilette zu suchen?! 6:00 Uhr ging es dann in völliger Dunkelheit los.
Meine Stirnlampe erhellte den Weg. Am Ausgang von Vizzavona wurde meine Stirnlampe allerdings immer schwächer und kurz darauf war sie komplett aus. Wieso mussten die Batterien zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt ihren Geist aufgeben?! Ich setzte also meinen Rucksack ab und begann nach den Ersatzbatterien zu suchen. Nur wo zur Hölle befanden sich diese in meinem riesigen Rucksack?! Nach einer etwas längeren Suche hatte ich die Batterien endlich gefunden und konnte meine Stirnlampe wieder in Betrieb nehmen. Danach ging es direkt weiter. Der Weg führte durch einen Wald und wies keine Unebenheiten auf. Dies lag vermutlich daran, dass der Weg sehr häufig von normalen Touristen genutzt wird, um zur „spektakulären“ Cascade des Anglais zu gelangen. Als ich diesen Ort nach 40 Minuten erreichte, konnte ich allerdings nicht spektakuläres entdecken, lediglich einen ganz einfachen Fluss.
Aufstieg zum Muratellu
Als der eigentliche Aufstieg begann, machte mir das Wetter ein wenig Sorgen. Der Himmel war bewölkt und zudem waren die Wolken dunkelgrau gefärbt. Das sah nach schlechtem Wetter aus. Ich entschied mich trotzdem weiterzugehen. Ein Wanderer der mich überholte warnte mich dann auch nochmal, dass das Wetter etwas bedenklich ist und ich aufpassen soll. Kurze Zeit später überholte ich dann Jen und Joe, die in dem Hotel übernachtet hatten, das ich gestern vergeblich gesucht hatte. Nach einer kleinen Runde Small Talk zog ich an den beiden vorbei, um den Berg zügig zu erklimmen. Nach nur 3,5 Stunden erreichte ich bereits den Gipfel Muratellu auf 2020 m. Da der Himmel stark bewölkt war, musste ich unterwegs keine Pause einlegen. Der Wind sorgte zudem dafür dass es relativ frisch war und ich nicht mit der Wärme zu kämpfen hatte. Auf dem Gipfel legte ich erstmal eine längere Pause ein um etwas zu essen und das Panorama zu genießen.
Refuge de l’Onda
Nach der Pause ging es nur noch den Berg hinab. Beim Abstieg ließ ich mir viel Zeit um meine Knie etwas zu schonen. Die Wolken wurden immer dunkler und dann fielen sogar einige Regentropfen. Dies sorgte dafür, dass ich dann doch wieder schnelleren Schrittes unterwegs war. Glücklicherweise blieb es bei wenigen Regentropfen. 11:30 Uhr erreichte ich bereits die Refuge de l’Onda. Ehrlich gesagt war ich etwas enttäuscht von der 1. ach so schweren Nordetappe. Verglichen mit den Etappen des GR20 Süd war die heutige Etappe wirklich angenehm. Vermutlich lag es aber auch einfach daran, dass das Wetter heute sehr angenehm war.
An einem der 2 Holztische versammelte sich dann nach und nach unsere Gruppe, bestehend aus Christian, Jen und Joe. Zudem gesellte sich heute der Franzose Flo dazu. Aus seiner 3-er Gruppe war er der einzige der sich nach dem GR20 Süd noch an den GR20 Nord gewagt hat. Ich kochte mir dann einen Schinkeneintopf mit Erbsen zum Mittag und gönnte mir dazu noch eine Orangina. Danach ging es wieder an den Aufbau des Zeltes. Diesmal konnte ich mein Zelt tatsächlich auf einer grünen Wiese aufbauen. Das war eine Premiere, denn bisher musste ich mein Zelt immer im Dreck aufbauen. Die Wiese war eingezäunt, damit Pferde auf dem Areal weiden konnten. Am Tor zur Wiese hing ein Warnschild, dass man sich vor wilden Füchsen in Acht nehmen sollte. Flo erzählte uns dann, dass ihm die Füchse in einer Nacht schon eine Salami geklaut und einige Kleidungsstücke draußen verstreut hatten. Die restliche Zeit nutzte ich dann um auf der Wiese rumzuliegen, mein Buch zu lesen und mein Tank Top zu waschen. Da heute allerdings die Sonne kaum schien wurde es nicht mehr richtig trocken.
Abendbrot – Teil 1: Lasagne
Auch heute entschied ich mich dazu mich zum Abendbrot anzumelden, denn in dieser Refuge sollte es selbstgemachte Lasagne geben. Als Vorspeise gab es wieder eine Suppe bestehend aus Nudeln und Moorrüben. Dazu gab es dann noch frisches Brot. Auch hier gab es wieder einen Nachschlag. Anschließend wurde eine riesige Auflaufform gebracht die genug Lasagne für alle Leute enthielt. Die Lasagne bestand aus 7 Schichten und war mit einem grünen Kraut und Ziegenkäse gefüllt. Schon nach einem Stück war man dermaßen vollgestopft, dass man nicht wirklich mehr essen konnte. Alle waren sich einig, dass die Lasagne echt mega lecker war. Einige schafften sogar ihr Stück Lasagne nicht und hatten etwas Bedenken/Angst nicht aufzuessen, da der Wirt einen etwas furchteinflößenden Eindruck hinterlassen hat. Daher wurden die Reste der Lasagnestücke noch an hungrige Leute an den Nachbartischen weitergegeben. Als diese auch keine Lasagne mehr wollte, wurde die restliche Lasagne in kleinen Dosen an Leute, die eigentlich kein Abendbrot gebucht hatten, weitergegeben. Aber immer nur dann wenn der Wirt gerade nicht geguckt hat. Ich hatte die Sorge nicht, da ich mein Stück aufgegessen hatte.
Abendbrot – Teil 2: Käse
Zur Nachspeise gab es dann verschiedene Käsesorten mit Brot sowie ein Schokodessert. Zwischendurch kam der Hüttenwirt mit einem ganz besonderem Stück Käse vorbei. Er erzählte etwas auf Französisch und alle kosteten den weißen, sehr weichen Käse. Die ersten Leute liefen im Gesicht rot an und andere mussten husten. Alle kamen zu dem Schluss, dass der Käse nicht essbar ist. Ich beobachtet die Reaktionen und wollte vor meinem ersten Bissen erstmal wissen was der Wirt erzählt hat. Man meinte dann ich solle erst probieren und dann würde man es mir sagen. Das klang schon verdächtig. Ich nahm einen Bissen und empfand den Käse als wohlschmeckend wenn auch sehr intensiv und scharf. Daher nahm ich mir direkt noch ein Stückchen und alle guckten mich verdutzt an. Man sagte mir dann, dass es wohl ein spezieller korsischer Käse sein soll, der von Maden bewohnt wird, die der Wirt laut seiner Aussage aber vorher alle rausgesammelt hat. Auf Korsika und Sardinen gibt es diesen Madenkäse in der Tat aber laut EU-Recht ist die Herstellung und der Verkauf von diesem Käse verboten, von daher nehme ich stark an, dass es eher ein Scherz war. Ich bediente mich dann weiter am Käse. Sonst wollte ihn ja niemand essen.
Am Abend wurde es dann unangenehm kalt, so dass ich mich nach dem Abendbrot direkt in meinen Schlafsack verkroch und dann auch zeitnah einschlief.