Aus dem Leben eines Abenteurers
 
Tag 4: Soria – Playa del Cura

Tag 4: Soria – Playa del Cura

Die heutige Etappe sollte etwas anders verlaufen als ursprünglich geplant. Aus einer Etappe mit 16 km Länge wurde eine ausgedehnte Etappe mit ganzen 29 km. Das Ziel sollte somit der Küstenort Playa del Cura sein.

Ein entspannter Morgen

Mein Tag startete 7:00 Uhr in der Morgendämmerung. An meinem Schlafsack lief der Morgentau herunter. Sogar in solchen Mengen, dass sich auf meiner steinernen Unterlage kleine Wasserlachen bildeten. Ich hatte den Morgentau völlig unterschätzt. Ziemlich ungünstig bei einem Daunenschlafsack.

Die zurückliegende Nacht war im Vergleich zu den vorherigen Nächten ein Traum. Meine gestrige Vermutung hatte sich nämlich bestätigt und es war die Nacht über komplett windstill. Somit konnte ich die Nacht durchschlafen und endlich etwas mehr Energie tanken. Lediglich ein paar Mücken wollten mich etwas nerven aber damit konnte ich leben.

Da ich kein Zelt abbauen musste war meine Ausrüstung schnell verpackt. Vom Aufstehen bis zum Aufbrechen vergingen daher lediglich 20 Minuten.

Eine erneute körperliche Herausforderung

Mein Plan sah auch heute so aus, so viel Strecke wie möglich zurückzulegen. Denn mir war klar, dass sobald die Sonne hoch am Himmel steht, das Laufen wieder die reinste Quälerei wird. Zudem musste ich heute unbedingt auf meinen Wasservorrat achten, da es bis zum Ziel keine mir bekannten Wasserquellen mehr geben sollte.

Feigenkakteen
Feigenkakteen

Mein Weg führte mich nun immer entlang der linken Talseite. Da es sich um ein sehr dünn besiedeltes Areal handelte, standen am Wegesrand immer wieder einige Feigenkakteen und kleinere Bananenplantagen. Die Wege zwischen den einzelnen Gehöften waren befestigt, wodurch ich innerhalb einer Stunde bereits 4,6 km zurücklegen konnte. Zwischendrin gönnte ich mir kurz ein paar Riegel als Frühstück damit mein Körper auch mit ausreichend Energie versorgt bleibt. Gegen 8:40 erreichte ich dann den winzigen Ort El Caidero.

Vor mir lagen nun 250 Höhenmeter Aufstieg auf einer Strecke von 1,2 km. Zudem endete nun der befestigte Weg, so dass es wieder in die Wildnis ging. Und die hatte es auf den ersten hundert Metern ziemlich in sich. Die Wege waren ziemlich zugewuchert und die Wegfindung aufgrund der vielen großen Steine und Pflanzen nicht gerade einfach. Nachdem ich mich durch den Busch gekämpft hatte folgte ein schweißtreibender relativ steiler Aufstieg. Ich weiß nicht ob es daran lag, dass mich die letzten Tage ziemlich geschlaucht haben oder es an der nun am Himmel stehenden Sonne lag aber ich musste mich den Berghang ziemlich hochquälen. Mein Körper war schwer, der Rucksack drückte und der Schweiß lief ununterbrochen. Und dabei zeigte die Uhr gerade einmal 10:00. Indem ich alle paar Minuten eine kurze Pause einlegte kämpfte ich mich Meter für Meter voran.

Auf dem Weg nach Degollada de Cortadores

Nachdem ich den Berghang bezwungen hatte musste ich eine längere Pause einlegen. Ich zog den Großteil meiner Kleidung aus und legte sie zum Trocknen in die Sonne. Mich selbst platzierte ich im Schatten und atmete erst einmal ordentlich durch. Der nächste Abschnitt sah das Umrunden des vor mir liegenden Bergkamms vor. Um zum Scheitelpunkt Degollada de Cortadores zu gelangen lagen 3 km vor mir. Diesmal nur mit 220 Höhenmetern Aufstieg. Der vor mir liegende Weg entsprach genau meinen Vorstellungen. Ein toller Ausblick beim Laufen, leicht ausgetretene Pfade und einige Stellen an denen man trittsicher und schwindelfrei sein sollte. Da war die Quälerei der letzten Stunde doch direkt wieder vergessen.

Bergpfad
Bergpfad

Allerdings machte mir die Sonne schon wieder zu schaffen und ich machte mir ernsthaft Gedanken, ob meine Wasservorräte reichen würden. Zum aktuellen Stand war mein Wasserverbrauch bei der Hitze nämlich höher als einkalkuliert. Vom Berg verliefen interessanterweise einige Wasserleitungen ins Tal. Diese führten Wasser zum Bewässern der vielen kleinen Plantagen.

Vorbereitung Plan B
Vorbereitung Plan B

Unterwegs entdeckte ich in einer der Leitungen dann ein größeres Leck. Dieses führte dazu, dass das Wasser wie durch einen Rasensprenger in der Gegend verteilt wurde. Da ich nicht wusste, ob mein Wasser reichen würde, füllte ich einen Liter Wasser ab. Das dauerte allerdings eine ganze Weile. Zeit die ich nutzen konnte um mich mit dem restlichen versprühten Wasser etwas abzukühlen. Das Wasser an sich hatte einen leicht modrigen Geruch und auch relativ viele Schwebeteilchen. Wasser, das man eigentlich nicht trinken möchte. Allerdings war es nun mein Plan B. Wenn mein Trinkwasser wirklich ausgehen sollte, dann würde ich das eben abgefüllte Wasser filtern und anschließend chloren. Und es wäre allemal besser sich kurzfristig den Magen zu verderben als zu verdursten.

Zufällige Begegnung am Degollada de Cortadores

11:10 Uhr erreichte ich Degollada de Cortadores. Hierbei handelt es sich um einen Aussichtspunkt mitten in den Bergen. Mit Ausnahme von einem Wegweiser und einem super Ausblick gibt es dort nicht viel mehr zu sehen. Wie es der Zufall so wollte, erreichte zeitgleich mit mir eine auf 5 Buggys verteilte 6-köpfige Gruppe den Aussichtspunkt.

Degollada de Cortadores
Degollada de Cortadores

Hierbei handelte es sich wohl um eine der in den Touristenorten buchbaren Touren, um mit Buggys durch die Berglandschaft zu fahren. Es dauerte nur wenige Sekunden bis ich in ein Gespräch verwickelt war. Ich lernte einen Engländer und seinen Sohn kennen und tauschte mich mit ihm über Gran Canaria, Buggyfahren und Trekkingtouren aus. Da ich mich gut mit ihm verstand und mein Wassermangel eklatant war, überwand ich meine Hemmungen und fragte ich ihn, ob er möglicherweise noch Trinkwasser drüber hat. Mein Ziel war es ihm das Trinkwasser abzukaufen. Der Preis spielte hierbei keine große Rolle. Da holte er tatsächlich eine 0,5 Liter Wasserflasche aus seinem Buggy und reichte mir diese. Als Geschenk, denn mein Geld lehnte er wiederholt ab. Ich war überglücklich nun doch noch etwas mehr Trinkwasser zur Verfügung zu haben. Nur wenige Minuten später setzte die Truppe ihre Reise mit den Buggys fort, so dass wir uns verabschiedeten. Auch diesmal war es wieder ein riesen Zufall, dass die Truppe zeitgleich mit mir am Degollada de Cortadores pausierte und sich unsere nur wenige Minuten langen Pausen überlappten.

Auf dem Weg nach Degollada de las Lapas

Nun ging es für mich auf der anderen Seite des Bergkamms entlang. Somit lagen erneut um die 3 km Strecke vor mir. Neben mir verlief anfangs ein Wasserkanal, der relativ viel Wasser führte. Vermutlich auch zum Bewässern der Plantagen. Allerdings fragte ich mich wo dieses Wasser herkam. Möglicherweise handelte es sich sogar um das Wasser, das über diverse Leitungen ins Tal transportiert wird. Ich nutzte die Gelegenheit um meinen Kopf runterzukühlen. Nur wenige hundert Meter später erreichte ich den Punkt Degollada de las Yegus. Die dortige Infotafel informierte mich über die örtlichen Gegebenheiten und zeigte zudem Warnungen und Verbote auf. Darunter war bspw. die Warnung, dass mit starken Temperaturschwankungen gerechnet werden muss und man warme Kleidung mitführen sollte. Bei den Verboten wurde explizit auf das Campingverbot hingewiesen.

Auf dem Weg nach Degollada de las Lapas
Auf dem Weg nach Degollada de las Lapas

Die nun vor mir liegende Landschaft wandelte sich erneut und hatte wieder einen ganz eigenen Charme. Allerdings wirkte die Landschaft auch ziemlich trostlos. 2 Stunden lang folgte ich dann dem 5,3 km langen Schotterweg in der prallen Sonne und genoss den Ausblick. Natürlich waren auch diese 2 Stunden wieder ziemlich fordernd, da sich der Weg hin- und herschlängelte, auf und ab verlief und aufgrund der sehr wenigen Bäume kein Schatten mehr zu finden war. Ein guter Sonnenschutz und viel Trinkwasser sind in der Gegend einfach Pflicht.

Degollada de las Lapas

13:40 Uhr erreichte ich nach einer Gesamtstrecke von ca. 16 km kurz vor der erbarmungslosen Mittagshitze irgendwo im Nirgendwo mein ursprünglich gestecktes Etappenziel. Denn am Anfang dieser Tour waren insgesamt 5 Etappen geplant. Für den heutigen Tag hatte ich mir daher das Ziel gesetzt, vor der großen Mittagshitze das Etappenziel zu erreichen, um nicht in der Hitze einzugehen und vor allem, um nicht unnötig viel Trinkwasser zu verbrauchen. Wie es nun weiter gehen sollte war mir noch nicht klar. Ich war erschöpft und eine leichte Müdigkeit setzte ein.

Degollada de las Lapas
Degollada de las Lapas

Am Degollada de las Lapas befindet sich zwar eine kleine Ruine aber da diese kein Dach mehr hat und die Sonne hoch am Himmel stand gab es auch hier keinen Schatten. Neben der Ruine stand ein steinerner Tisch mit 2 Steinbänken. An sich eine tolle Gelegenheit zum Pausieren aber wer setzt sich schon freiwillig auf diese glühenden Steine in die pralle Sonne. Aber zumindest konnte ich meinen Schlafsack und meine Isomatte zum Trocknen in die Sonne hängen. Wir erinnern uns, beide Objekte waren noch durch den Morgentau ziemlich stark durchnässt. Mein Glück war, dass neben der Ruine auch ein Nadelbaum stand, der ziemlich grün und mit vielen Nadeln bestückt war. Somit spendete dieser Baum tatsächlich etwas Schatten. Meine Rettung! Ich setzte mich also unter den Baum auf die Erde, lehnte mich mit meinem Rücken an den Baumstamm an und schon nach wenigen Minuten döste ich weg. Die Erschöpfung saß mir wohl tief in den Knochen. Ruckzuck waren 2 Stunden vergangen.

Planänderung und ab durch die Steppe!

15:35 Uhr entschied ich mich entgegen der ursprünglichen Planung dazu die Tour fortzusetzen. Einerseits konnte ich durch die 2-stündige Pause viel Energie sammeln. Andererseits hatte ich bedenken, dass meine Wasservorräte nicht reichen würden. Schließlich hätte ich den verbleibenden Tag sowie den kompletten nächsten Tag mit dem restlichen Wasser auskommen müssen. Sollte ich die komplette nächste Etappe durchziehen wollen, dann würden nochmal 13 km und 860 Höhenmeter bergab vor mir liegen. Nachdem ich meine nun getrockneten Gegenstände wieder im Rucksack verstaut hatte, setzte ich meinen Weg in der Steppe fort. Die Landschaft war karg, braun und steinig sowie sämtliche Pflanzen vertrocknet oder zumindest ohne Blätter. Völlig eigen aber dennoch faszinierend.

Steppe wohin das Auge blickt
Steppe wohin das Auge blickt

Nachdem ich das Plateau überquert hatte, führte mich der teilweise schwach erkennbare Trampelpfad Höhenmeter für Höhenmeter über unzählige Serpentinen ins Tal hinab. Der Weg an sich war fordernd, da es auch hier teilweise wenige cm neben dem Pfad steil in die Tiefe ging. Ein Fehltritt hätte dort fatale Folgen. An einigen Stellen war der Weg auch mit Geröll überzogen, so dass an diesen Stellen Trekkingstiefel und Trekkingstöcke die Sicherheit beim Laufen deutlich erhöhen. Da es ausschließlich bergab ging wurden meine Knie wieder ordentlich gefordert. Daher versuchte ich einen Großteil der Last über meine Arme bzw. die Trekkingstöcke abzufangen. Dies gelang mir glücklicherweise sehr gut, so dass meine Knie beschwerdefrei blieben. Aufgrund der vielen kleinen Trampelpfade habe ich es sogar geschafft 2-mal falsch zu laufen. Allerdings erkannte ich den Fehler jeweils sehr schnell, so dass ich nur wenige Minuten verschenkte.

Überreste aus der Vergangenheit
Überreste aus der Vergangenheit

Im Tal angekommen entdeckte ich einen kleinen Bauernhof. Wobei es Lost Place hier besser treffen würde. Ein Haupthaus, ein vollgestelltes offenes Lagerhaus, eine durchgerostete Schubkarre sowie viele weitere Gegenstände ließen vermuten was sich hier einst abgespielt haben muss. An sich wäre dies ein schöner Ort zum Zelten gewesen. Ich entschied mich aber dazu noch die letzten Kilometer durchzuziehen und bis zum Küstenort Playa del Cura zu laufen.

Bergab Richtung Playa del Cura

Der Weg führte mich nun konsequent der Talsohle entlang. Interessanterweise handelte es sich hierbei um einen trockenen Flusslauf, was sehr schön an meterhohem vertrockneten Schilf und riesigen rund gespülten Steinen zu erkennen war. Dies erschwerte allerdings an einigen Stellen die Wegführung, da durch den Schilf nicht erkenntlich war wohin welcher Weg führte bzw. teilweise nicht einmal ersichtlich war wo sich überhaupt Wege versteckten. Ich hatte das Gefühl, dass hier schon lange niemand mehr vorbeigekommen ist. Nachdem ich einige Zeit die richtigen Wege gesucht und letztendlich gefunden hatte, stellte der weitere Weg keine größere Herausforderung mehr dar. 19:38 Uhr erreichte ich dann das offizielle Ende der Tour. Ich war überglücklich die Tour erfolgreich beendet zu haben aber um sich entspannt zurückzulegen war es noch zu früh.

Am Ziel angekommen!
Am Ziel angekommen!

Playa del Cura

Vor mir lagen noch ca. 3 km bis ich den Zielort Playa del Cura erreichen würde. Hinzu kam der Umstand, dass ich durch das Zusammenlegen von 2 Etappen nun einen Tag zu zeitig am Ziel angekommen war und somit keine Unterkunft hatte. Nun hätte ich natürlich einfach am Wegesrand mein Zelt aufschlagen können. Dies wäre die kostengünstigste Variante gewesen. Ich wollte aber in einem richtigen Bett schlafen und ordentlich essen und trinken. Daher kramte ich mein Smartphone raus, suchte das erstbeste Hotel in Playa del Cura heraus und buchte mir ein ziemlich gehobenes Zimmer. Die normalen Zimmer waren natürlich bereits ausgebucht. Nun sollte es noch eine ganze Stunde dauern bis ich das Hotel tatsächlich erreichen sollte. Schließlich musste ich noch 3 km zurücklegen. Kurzzeitig hatte ich Bedenken ob ich Playa del Cura überhaupt erreichen würde. Anstatt der geplanten 3 km zeigte mir mein digitales Kartenmaterial nämlich an, dass der von mir gewünschte Weg nicht passierbar sei und ich einen 16 km langen Umweg nehmen muss. Als ich das gesehen habe wurde mir schon ganz anders. Aber egal was sich dort mir in den Weg stellen sollte, ich nahm die Herausforderung an und sagte mir, dass ich schon eine Lösung finden würde. Etwas später realisierte ich dann auch warum das Kartenmaterial diesen Umweg vorschlug. Ich durchquerte nämlich ein sehr großes Privatgelände, das durch Zäune, Verbotsschilder und ein sehr großes Metalltor abgeriegelt war. Allerdings betrat ich das Gelände vom Inland her, wo es keinerlei Zäune und Infos diesbezüglich gab. Somit erschloss sich mir das Ganze erst, nachdem ich das Gelände verlassen wollte und das große Metalltor überwunden hatte. Wenn man so möchte, hatte ich eher das Problem, dass ich auf dem Privatgrundstück gefangen war. 😂

Zuuuuuucker *___*
Zuuuuuucker *___*

Nachdem ich nun ganze 29 km zurückgelegt hatte, erreichte ich gegen 20:20 Uhr das Hotel. Im Hotel selbst hinterließ ich vermutlich einen bleibenden Eindruck. Ich glaube der Herr an der Rezeption war zudem etwas überrascht, dass ich eine Stunde nach der Hotelbuchung bereits vor ihm Stand. Nachdem ich eingecheckt hatte, besorgte ich mir im nächstgelegenen Spar Supermarkt eine riesige Flasche zuckriger Cola, Süßigkeiten und Sandwiches. Was für ein ausgewogenes Mahl. Damit ließ ich dann den Abend in meinem übergroßen Zimmer mit großem Balkon zur Meeresseite ausklingen.

Weitere Impressionen des Tages

One comment

  1. D&G

    Wir kennen Gran Canaria auch aus eigener Urlaubserfahrung und können vieles nachvollziehen was Du schreibst und kennen auch etliche Orte, wobei wir selbst immer ein Hotel am Costa Meloneras hatten und dort bestens verwöhnt wurden ;-)
    Höchster RESPEKT für deine Leistung und ein herzliches DANKE fürs „Mitnehmen“ per Bild und Text :-)

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