Mit vollen Akkus auf in einen neuen Tag!
Die letzte Nacht war dermaßen göttlich. 10,5 Stunden erholsamer Schlaf. Meine Akkus waren wieder voll und das war auch zwingend notwendig für die heutige Etappe. Ich hatte zwar schon am Vortag beschlossen, alle weiteren Etappen zu kürzen bzw. einige zu streichen aber die heutige Etappe sollte über den höchsten Berg Madeiras führen. Eine Übernachtung auf dem Gipfel ist zwar möglich aber birgt ein gewisses Risiko und kam daher für mich nicht infrage. Von daher blieb die heutige Etappe unverändert.
Bevor meine Wanderung startete gönnte ich mir erstmal ein ausgiebiges Frühstück. Die Auswahl war sehr gering aber zum Vergleich zu einem Energieriegel allemal besser. Für mich gab es 2 Riesenbrötchen, die so groß waren, dass sie kaum auf den Teller passten. Auf die Brötchen schmierte ich extra viel Butter und Marmelade, um genug Energie für den Tag zu tanken. Anschließend folgten Rührei, gebratener Speck und weiße Bohnen. Nachdem ich mich gestärkt hatte kehrte ich in mein Hotelzimmer zurück. Über Nacht trocknete mein Zelt und die restliche Ausrüstung, so dass sich das Gewicht meines Gepäcks wieder etwas reduzierte. Gegen 10:30 Uhr hatte ich dann endlich meinen Rucksack fertig gepackt, so dass ich aufbrechen konnte.
PR1.3 „Vereda da Encumeada“
Die Straße die ich gestern voller Vorfreude auf das Hotel zügig vom Ende des PR17 bergab hinunterlief, musste ich nun wieder mühevoll hinauflaufen. Ich fragte mich, warum meine Tage eigentlich immer mit solch einer Anstrengung starteten. 1,5 km später stand ich dann am Anfang vom PR1.3, der auch den Namen Vereda da Encumeada trägt. Dieser Weg führt vom Gebirgspass bei Encumeada hoch über steile, waldreiche Hänge bis zum höchsten Berg Madeiras – dem Pico Ruivo. Mit 1862 Meter ist dieser nicht außergewöhnlich hoch aber da ich bei ca. 1000 Höhenmetern startete, standen mir mindestens 850 Höhenmeter Aufstieg bevor. Tendenziell deutlich mehr, da die Strecke von einem häufigen Hoch und Runter geprägt war. Jeder der bereits Gebirgswanderungen hinter sich hat weiß, dass bereits 500 Höhenmeter an einem Tag mehr als genug sein können. Nun gut, in diesem Fall gab es mal wieder keine andere Wahl. Glücklicherweise war ich gestärkt.
Schon nach dem ersten Stückchen Strecke hatte ich einen tollen Aussichtspunkt erreicht. Da Madeira durch eine Gebirgskette in eine Nord- und Südhälfte geteilt wird und ich genau auf dem Grat der Gebirgskette entlangwanderte, hatte ich natürlich einen hervorragenden Ausblick über die komplette Insel. Ich konnte somit die Täler bewundern und sah im Norden sowie im Süden das Meer. Da kam einem die Insel auf einmal viel kleiner vor.
Die Route war streckenweise wieder sehr anspruchsvoll, reichte aber nicht an den Abenteuerpfad heran. Dennoch gab es viele ungesicherte Stellen, steile Abhänge und viele Pflanzen die einem den Weg versperren wollten. Vorbei ging es dann auch an vulkanischen Steilhängen. Auch Wälder die besonders durch Lorbeergewächse geprägt waren konnte ich wieder durchqueren. Zudem war es möglich immer wieder kleine, in die Felswände geschlagene Höhlen zu entdecken. Diese wurden damals als Unterschlupf genutzt, wenn in den Bergen Brennholz gesammelt wurde.
Die komplette Strecke vom PR1.3 „Vereda da Encumeada“ war vom Start in Encumeada bis zur Bergspitze mit 11,2 km angegeben. Auf einer einfachen Wanderstrecke läuft man solch eine Entfernung in 3 Stunden. Auf dieser anspruchsvollen Strecke benötigte ich hingegen ganze 5,5 Stunden. Daran sieht man deutlich wie knackig der Weg war. Auf der kompletten Strecke traf ich lediglich 5 Personen. Eine Zweigruppe bestehend aus einem älteren Paar war grad dabei umzukehren, da sie nach einer Stunde bereits erschöpft waren. Nach insgesamt 4 Stunden traf ich dann auf 2 Männer die geschätzt Mitte/Ende 30 waren und grad pausierten. Ich gesellte mich dazu und gönnte mir einen Energieriegel. Nach einem netten Gespräch zog ich dann weiter, schließlich war bereits 14:30 Uhr und die Zeit saß mir schon wieder im Nacken, da ich ja auch wieder vom Berg runter musste. Gedanklich zeltete ich schon wieder am Wegesrand. Die beiden Männer drehten dann auch an diesem Punkt um, da sie ebenfalls Bedenken wegen der Zeit hatten. Etwas später begegnete ich dann einem Belgier, der aussah wie ein echter Trekker. Also quasi ein Abbild von mir. Von daher sind wir sofort ins Gespräch gekommen. Er überquerte die Insel von Ost nach West und ich von West nach Ost und wir trafen uns fast in der Mitte der Insel. Ein toller Zufall. ^^
Das Wetter war an diesem Tag genial. Jemand anders erzählte mir am Vortag, dass sie die Besteigung des Pico Ruivo ausgesetzt hatten, da am Vortag so schlechtes Wetter war und man nichts vom eigentlich so tollen Ausblick gehabt hätte. Ich hatte meinen Zeitplan, von daher wäre ich bei Wind und Wetter gelaufen. Von daher war ich wirklich glücklich, dass ich so ein tolles Sonnenwetter erwischt hatte und einen wolkenlosen Ausblick auf alle umliegenden Täler hatte. […]